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Bund-Länder-Streit um Flüchtlingskosten: Einfach mal abwarten

Länder und Kommunen erwarten mehr Geld vom Bund wegen der Flüchtlingskosten. Ihre Klagen werden immer penetranter. Das dient der Sache nicht. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Albert Funk

Sie klagen viel, die Ministerpräsidenten und ihre Finanzminister, die Oberbürgermeister, Landräte und Kämmerer. Länder und Kommunen sind in der Flüchtlingskrise zu Dauernörglern geworden. Sie erheben ihre Forderungen mit einer Permanenz und auch Penetranz, dass bisweilen auch Wohlmeinende das Gefühl beschleicht, wer ständig klagt, hat vielleicht gar nicht so viel zu beklagen, sondern entkommt nur  seinem eigenen ritualisierten Verhalten nicht mehr. Auf Bundesseite weckt das Abwehrreflexe.

Dabei stimmt es schon: Länder und Kommunen sind durch die Flüchtlingskosten massiv belastet. Das ist keine neue Erkenntnis, und sie lässt sich auch nicht wegdiskutieren. Knapp 17 Milliarden Euro haben allein die Länder in diesem Jahr für Flüchtlingskosten eingeplant, das sind drei bis acht Prozent der Gesamtausgaben. Freilich zählen die einen so, die anderen anders. Unter den Ausgaben verstecken sich auch welche, die mit den Flüchtlingen nur zum Teil zu tun haben – etwa für neue Lehrer, die später dann vor Klassen stehen, in denen einheimische Kinder mit dem Migrantennachwuchs zusammen unterrichtet werden. Viele dieser Lehrer wären ohnehin eingestellt worden. Was auch für manchen zusätzlichen Polizisten gilt. Und beim Wohnungsbau werden die eingeforderten Bundesmittel offenbar gar nicht in Gänze abgerufen.

Alle haben Überschüsse

Die Statistiker in Wiesbaden haben gerade erst die Haushaltsdaten der Kommunen für 2015 veröffentlicht. Demnach haben Städte, Gemeinden und Kreise im vorigen Jahr einen Überschuss von insgesamt 3,2 Milliarden Euro gehabt, der die direkten Sozialausgaben der Kommunen für Flüchtlinge deckt. Zwar hilft das Städten mit angespannten Haushalten wenig, aber insgesamt ist die Finanzlage der Kommunen derzeit sehr gut. Und die der Länder ist nicht so schlecht, dass die Drohungen einiger Ministerpräsidenten, man müsse Sozialausgaben kürzen oder die Schuldenbremse brechen, wirklich für die Gesamtheit ernst genommen werden müssen. Einige Länder tilgen derzeit sogar Schulden. Zudem verwirren die Landespolitiker mit sehr unterschiedlichen Berechnungen: Die einen sagen, der Bund zahle 20 Prozent der Kosten, andere kommen auf zehn bis fünfzehn Prozent. Der Bund selber rechnet eine deutliche höhere Beteiligungsquote vor. All das trägt nicht dazu bei, das Vertrauen in das gesamtstaatliche Management zu erhöhen.

Im September wird abgerechnet

Im vorigen Herbst haben Bund und Länder eine Regelung getroffen. Aus Berlin fließt demnach 2016 eine Abschlagszahlung in Höhe von knapp vier Milliarden Euro, die auf Annahmen beruht, an denen man zwar zweifeln kann (800000 Asylbewerberfälle, fünf Monate Bearbeitungszeit beim Bundesamt für Flüchtlinge) - aber dass die Länder und Kommunen im Stich gelassen wurden, wird man nicht behaupten können. Kaum ein Etat wird durch die Flüchtlingskosten gesprengt. Insofern sollte jetzt die vereinbarte Abrechnung im September abgewartet werden. Dann wird sich zeigen, wie stark die Länder in Vorleistung gehen mussten. Wenn es viele Milliarden Euro sind, dann muss Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble wohl schon im Herbst mehr Geld überweisen und nicht erst im Jahr 2017, wie bislang vereinbart. Immerhin hat er vom gesamten Staatsüberschuss im Vorjahr drei Viertel eingestrichen, und das Haushaltsjahr 2016 lässt sich nicht schlecht an. Sollten die Flüchtlingszahlen dagegen im Sommer wider Erwarten nicht mehr so hoch werden, dann hätten Länder und Kommunen ohne Not geklagt. Einfach mal abwarten, wie wäre das?

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