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Bund und Länder: Mehr von der Mehrwertsteuer

Bei der Mehrwertsteuer pokern Bund und Länder um 54 Milliarden Euro – jetzt gibt es Hinweise auf eine Einigung.

Von Antje Sirleschtov

Die Mehrwertsteuer, heißt es, sei die Lieblingssteuer der deutschen Politiker. Weil jeder Verbraucher sie fast überall bezahlen muss, fließt sie stetig und verlässlich. Ganz anders etwa als gewinnabhängige Steuern, die je nach Konjunkturlage mal kräftig sprudeln und mal ausbleiben. Kein Wunder also, dass Politiker, ob nun im Bund, in den Bundesländern oder in den Kommunen, seit jeher danach streben, einen möglichst großen Anteil an den Gesamteinnahmen des Staates aus der Mehrwertsteuer zu erhalten. Denn allein der Gegenwert eines einzigen der derzeitig 19 Mehrwertsteuerpunkte beträgt immerhin im Jahr acht Milliarden Euro.

Immer wieder hat es in der Vergangenheit Rangeleien um die Zuordnung der Mehrwertsteuer gegeben. Dem Bund stehen derzeit von den Gesamteinnahmen 53,9 und den Ländern nur 44,1 Prozent zu, was die Regierungschefs der 16 Bundesländer regelmäßig ermuntert, eine Neuverteilung zu fordern. Bislang allerdings zeigte sich der Bund meist zugeknöpft.

Seit etwa einer Woche steht das Thema erneut auf der Tagesordnung. Die schwarz-gelbe Koalition in Berlin benötigt am 18. Dezember alle Stimmen der schwarz-gelb regierten Länder im Bundesrat, um ihr Wachstumsbeschleunigungsgesetz zum 1. Januar in Kraft treten lassen zu können. Und die so Umworbenen versuchen nun, sich ihre Stimme abkaufen zu lassen. Mancher lauter, wie der schleswig-holsteinische CDU-Regierungschef Peter Harry Carstensen. Manche weniger laut, wie etwa Niedersachsens CDU-Ministerpräsident Christian Wulff. Alle eint jedoch die Freude an einem einzigen Gedanken: Neuverteilung der Mehrwertsteuereinnahmen. Zugunsten der Länder, selbstverständlich.

Nach Carstensen, Wulff und Sachsens Regierungschef Stanislaw Tillich betrifft das nun auch den Saarländer Peter Müller (CDU). Obwohl es in Berlin eigentlich vollkommen gleichgültig ist, ob der Saar-Landesvater am 18. Dezember dem Steuersenkungsgesetz von Union und FDP zustimmt, weil dort wegen der Grünen-Beteiligung an der Regierung ohnehin niemand mit einer Zustimmung rechnet, sagte Müller „Spiegel online“, es sei ein „gangbarer Weg“, wenn der Bund den Ländern einen größeren Teil der Mehrwertsteuer abtritt. Die Länder könnten sich im Gegenzug verpflichten, mehr Geld in Bildung zu investieren, und zudem den Plänen der Bundesregierung im Bundesrat zuzustimmen.

In Berlin wurde Müllers Vorschlag, wie übrigens auch bei den vorhergegangenen, mit dem Zeigen der kalten Schulter beantwortet. „Nicht herauskaufen“, „nicht erpressen lassen“ wolle man sich. Und schon gar nicht mit der Mehrwertsteuer. Denn: Wenn der Bund davon Anteile bereits abgibt, wenn es um die Zustimmung zu einem 8,5-Milliarden- Euro-Gesetz geht, welchen Preis wird er erst zahlen müssen, wenn die Koalition im kommenden Jahr den Koalitionsvertrag umsetzen und ein 20-Milliarden- Euro-Steuersenkungsgesetz auf den Weg bringen will? In drei Tagen wollen Kanzlerin und Vizekanzler die Anführer des Länderstreits, Carstensen und den Kieler FDP-Fraktionschef Wolfgang Kubicki, im Kanzleramt empfangen. Noch sieht alles danach aus, dass Merkel und Westerwelle die beiden Landespolitiker nach einem Adventspunsch ohne konkrete Zusagen wieder ziehen lassen wollen. Und wenn es nur dazu gut wäre, den anderen schwarz-gelben Regierungen klarzumachen, dass man nicht käuflich ist.

Klar ist allerdings auch, dass die CDU-Vorsitzende Angela Merkel ihren Kieler Regierungschef nicht mit vollkommen leeren Händen wieder nach Hause schicken kann. Was sie ihm mitgibt? Denkbar wäre eine langfristige Verabredung. Zum Beispiel, die Nöte vor allem ärmerer Länder ernst zu nehmen, wenn es darum geht, die gerade erst vereinbarten Regeln der Schuldenbremse einzuhalten. Sie verpflichten die Länder, von 2020 an einen schuldenfreien Haushalt aufzustellen. Was vielen schwer fällt. Vor allem, seit die Finanzkrise alle Hoffnungen auf sprudelnde Steuereinnahmen zunichte gemacht hat. Weil alle Bundesländer und der Bund nun unter der Schuldenbremse gemeinsam ächzen, könnte man das Leid teilen. Etwa mit einer Neuverteilung der Steuereinnahmen. Peter Müller hat übrigens auch darauf hingewiesen.

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