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Bundesgerichtshof: Anforderungen an Sicherungsverwahrung verschärft

Gefährliche Straftäter dürfen nur unter engen Voraussetzungen nachträglich in Sicherungsverwahrung genommen werden. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden.

Karlsruhe - Danach darf vor Ablauf der Haftstrafe nur dann die weitere Unterbringung des Delinquenten angeordnet werden, wenn während der Haftzeit gravierende neue Umstände bekannt geworden sind, die auf eine anhaltende Bereitschaft zur Begehung schwerer Straftaten schließen lassen. Ungehorsam während des Vollzugs oder eine schon bei der Verurteilung bekannte Drogensucht reichten dafür nicht.

Damit haben die Karlsruher Richter erneut hohe Hürden für die Anordnung einer Sicherungsverwahrung errichtet. Der BGH hob eine vom Landgericht Gera angeordnete Unterbringung eines notorischen Einbrechers auf und ordnete seine Freilassung an. Der 30-Jährige - mehrfach vorbestraft wegen Diebstahls- und Raubdelikten sowie wegen versuchten Totschlags - hatte im September 2004 eine sechseinhalbjährige Strafe wegen schweren Raubes abgesessen. Auf Anraten zweier Gutachter, die von einem hohen Rückfallrisiko ausgingen, verhängte das Landgericht Gera erstmals in Thüringen die seit Juli 2004 zulässige nachträgliche Sicherungsverwahrung. Laut BGH muss das Landgericht nun über eine Haftentschädigung entscheiden.

Nach dem Urteil des 2. Strafsenats können allein «neue Tatsachen» eine nachträglich verhängte Dauerhaft rechtfertigen. Der Rückgriff auf bereits im ursprüngliche Urteil bekannte Umstände sei den Gerichten verwehrt. Das Landgericht hatte unter anderem mit dem erheblichen Drogenmissbrauch sowie einer Persönlichkeitsstörung argumentiert - was jedoch bereits im Urteil aus dem Jahr 1998 nachzulesen ist. Die Maßnahme diene nicht der «Korrektur rechtsfehlerhafter früherer Entscheidungen», merkte die Senatsvorsitzende Ruth Rissing-van Saan bei der Urteilsverkündung an.

Auch seine wiederholten Regelverstöße im Gefängnis erachtete der BGH nicht als ausreichend. In seiner Zelle waren wiederholt Messer und andere verbotene Gegenstände gefunden worden - was im Gefängnis aber «offenbar weit verbreitet» sei, sagte Rissing-van Saan. Da eine dauerhafte Unterbringung einen schweren Eingriff in das Freiheitsgrundrecht darstelle, sei sie nur bei drohenden Beeinträchtigungen von Leben, Gesundheit, Freiheit oder sexueller Selbstbestimmung gerechtfertigt. Der Gesetzgeber sei nur von einer «geringen Anzahl denkbarer Fälle» ausgegangen. Zudem gab der Senat den Staatsanwaltschaften auf, Anträge auf Sicherungsverwahrung noch vor Ablauf der Haftzeit mit einer Begründung zu versehen. (tso/dpa)

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