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Immer wieder gehen Ärzte gegen Bewertungen bei Jameda vor.

© dpa

Bundesgerichtshof zu Portal Jameda: Bewertungsportale müssen Nutzerurteile strenger prüfen

Der Bundesgerichtshof hat im Streit eines Zahnarztes mit dem Bewertungsportal Jameda entschieden: Seitenbetreiber müssen Urteile der Nutzer besser prüfen - diese können aber anonym bleiben.

Sie sammeln und veröffentlichen Noten für Ärzte, Hotels, Handwerker: Bewertungsportale im Internet müssen sich künftig strengeren Regeln unterwerfen. Das geht aus einem Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) vom Dienstag hervor. Im Streit eines Zahnarztes mit dem Ärztebewertungsportal Jameda hat das Gericht entschieden, der im Netz schlecht bewertete Mediziner dürfe Nachweise dafür verlangen, dass der behauptete Arztbesuch eines Nutzers tatsächlich stattgefunden hat. „Der Betrieb eines Bewertungsportals trägt im Vergleich zu anderen Portalen von vornherein ein gesteigertes Risiko von Persönlichkeitsrechtsverletzungen in sich“, erklärten die Richter dazu. Diese Gefahr werde durch die Möglichkeit, Bewertungen anonym oder unter Pseudonym abzugeben, noch verstärkt.

Im entschiedenen Fall hatte ein Nutzer in den Kategorien „Behandlung“, „Aufklärung“ und „Vertrauensverhältnis“ die Note sechs vergeben und resümiert, er könne den Mediziner „nicht empfehlen“. Der Arzt bestritt jedoch, den Nutzer als Patienten behandelt zu haben und forderte, den Eintrag zu löschen. Jameda holte daraufhin eine Stellungnahme des Nutzers ein und ließ den Eintrag im Netz.

Anonymität als Geschäftsgrundlage

Der BGH entschied nun, Jameda hätte den Vorgang gründlicher prüfen und Belege für den Behandlungskontakt verlangen müssen. Diese hätte das Portal in anonymisierter Form an den Arzt weiterleiten müssen. Denn die verdeckt abgegebenen Bewertungen erschwerten es dem betroffenen Arzt, gegen den Bewertenden direkt vorzugehen, argumentierten die Richter. Anonymität ist eine Geschäftsgrundlage der Bewertungsportale. Auf Jameda wurden nach eigenen Angaben bisher 1,3 Millionen Urteile abgegeben. Immer wieder versuchen Ärzte gegen diese Bewertungen vorzugehen.

Nach Auffassung des BGH mache sich das Portal die Bewertungen seiner Nutzer zwar nicht zu eigen. Das Zensurportal hafte aber dann, wenn es zumutbare Prüfungspflichten verletzt habe. Das Oberlandesgericht Köln hatte zuvor noch entschieden, dass Jameda aus datenschutzrechtlichen Gründen keine weiteren Auskünfte über den Bewerter zur Verfügung stellen könne. Mit dem BGH-Urteil wird der Fall erneut an das Oberlandesgericht verwiesen.

Immer wieder fühlen sich Ärzte ungerecht behandelt

Der Hartmannbund, der die Interessen von 70 000 Ärzten, Zahnärzten und Medizinstudenten vertritt, sieht durch das Urteil einen „doppelten Schutzeffekt“, wie Sprecher Michael Rauscher erklärte. Denn auch die Patienten profitierten davon, wenn sie sich auf die Bewertungen verlassen könnten. Gleichzeitig sei es zu begrüßen, dass der BGH den Bewertungsportalen Grenzen gesetzt habe. „Immer wieder bekommt unsere Rechtsabteilung Anfragen von Mitgliedern, die sich ungerecht behandelt fühlen.“ Nach dem Urteil sei im Zweifelsfall zumindest ein Nachweis nötig, dass die bewertenden Nutzer den Arzt überhaupt besucht haben. „Grundsätzlich ist es aber illusorisch, sich in Zeiten von Bewertungsportalen als Berufsgruppe komplett auszuklinken“, sagt Rauscher.

Jameda: Keine Sonderbehandlung für zahlende Mitglieder

Gegen Jameda wird unterdessen der Vorwurf laut, es bevorzuge zahlende Mitglieder. FAZ und NDR berichteten von Nutzern, die Ärzte mit einer Jameda-Mitgliedschaft negativ bewertet hatten – dieses Urteil sei aber nicht aufgetaucht oder gelöscht worden. Jameda bestreitet, dass es eine solche Sonderbehandlung gibt.

Künftig könnte auf das Portal, wie auf viele andere Bewertungsportale im Internet Mehrarbeit zukommen. Dies befürchtet auch Oliver Süme, Vorstand für Politik und Recht bei eco, dem Verband der Internetwirtschaft. "Ob dieser Mehraufwand gerechtfertigt ist und tatsächlich zu mehr Transparenz bei allen Nutzern eines Bewertungsportals führt, wird sich erst in Zukunft zeigen." Jameda-Chef Florian Weiß gab sich gelassen: „Wir begrüßen, dass die Bundesrichter zu mehr Rechtssicherheit beigetragen haben.“

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