zum Hauptinhalt
208118_0_441ecacc

© dpa

Bundeshaushalt 2009: Kollegen rüffeln Steinbrück: "Beispiellos im Stil"

Steinbrücks Verhalten stößt seinen Kabinettskollegen sauer auf. Einigen hatte er gedroht, ihnen das Mitspracherecht bei der Gestaltung ihres Ressortetats zu entziehen. Die verweisen nun auf Regierungsvereinbarungen.

Von Antje Sirleschtov

Die Aufstellung des Bundeshaushalts 2009 und der mittelfristigen Finanzplanung bis 2012 hat am Donnerstag zu heftigen Attacken innerhalb des Kabinetts geführt. Vorangegangen waren Meinungsverschiedenheiten über die Haushaltsanmeldungen der Ministerien und Drohungen aus dem Ministerium von Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) an mehrere Kabinettskollegen, ihnen das Mitspracherecht bei der Gestaltung der eigenen Ressortetats zu entziehen und eigene Planungen – ohne Abstimmung – aufzustellen. Die Angesprochenen aus den Ministerien für Verkehr, Entwicklungshilfe, Wirtschaft und Forschung reagierten am Donnerstag teils heftig. „Beispiellos im Stil“ nannte Entwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul (SPD) das Verhalten Steinbrücks, von „völlig unangemessenem“ Verhalten sprach Forschungsministerin Annette Schavan (CDU).

Wie es zu der öffentlichen Auseinandersetzung gekommen war, wollte das Finanzministerium am Donnerstag nicht letztlich aufklären. Einen Bericht der „Süddeutschen Zeitung“ über Steinbrücks bislang einmalige Drohung wollte ein Sprecher des Ministers zwar nicht dementieren. Der Entzug des Etatrechts für einzelne Minister – wie ihn Steinbrück nach dem Zeitungsbericht ins Gespräch gebracht hat – sei jedoch „nur das theoretische Ende einer Konfrontation“, die der Finanzminister im Prinzip gar nicht anstrebe. Schließlich stünde man erst ganz am Anfang der Etatverhandlungen. Tatsache sei: Der Finanzminister strebe die Konsolidierung des Bundeshaushaltes bis 2011 an, und die Etatwünsche von vier Ministerien entsprächen nicht diesem Ziel. Die vier Ministerien hätten allein Ausgabensteigerungen für 2009 angemeldet, die insgesamt gut 3,5 Milliarden Euro über dem Finanzplan lägen. Alle anderen Ministerien kämen zusammen auf diesen Wert.

Die Verhandlung über den Bundesetat hat gerade erst begonnen

Das Missverhältnis von Verhandlungsstand und Schärfe der Kritik sorgte am Donnerstag nicht nur dafür, dass die Kabinettskollegen den Finanzminister öffentlich zurechtwiesen, sondern auch für Kopfschütteln außerhalb des Kabinetts. Schließlich beginnen die alljährlichen Gespräche zwischen den untersten Beamtenebenen der Fachressorts mit dem Finanzministerium erst in diesen Tagen. Bis kritische Fragen die Verhandlungen der jeweiligen Abteilungsleiter, Staatssekretäre und Minister erreicht haben, werden noch Monate vergehen. „Schädlich und unprofessionell“ nannte CSU-Chef Erwin Huber die Konfliktstrategie des Bundesfinanzministers daher. Statt zu Beginn von Verhandlungen „mit der Brechstange" aus einer Sach- eine Prestigefrage zu machen, habe man als Finanzminister „erst mal klug zu verhandeln". Auch SPD-Chef Kurt Beck reagierte betont zurückhaltend.

Inhaltlicher Kern der Auseinandersetzungen sind insbesondere die internationalen Vereinbarungen, die die Bundesregierung zur Steigerung der Ausgaben für Forschung und Entwicklung und für die Entwicklungshilfe eingegangen ist. Diese Regierungsziele sind jedoch nicht in die mittelfristige Finanzplanung des Bundes eingearbeitet worden. Dieser Umstand zwingt die Ministerien, jedes Jahr neu um Ausgabesteigerungen zur Einhaltung der Regierungsziele mit Steinbrück zu kämpfen. Wieczorek-Zeul sagte, sie werde keine ihrer Ausgabenforderungen zurückziehen, im Wirtschaftsministerium hieß es, man sei zwar verhandlungsbereit, wolle sich allerdings nicht die Schuld dafür in die Schuhe schieben lassen, dass der Finanzminister den Etat nicht wie verabredet bis 2011 konsolidieren könne. Steinbrück selbst erklärte dieses Regierungsziel im Zweifelsfall für vorrangig.

Zur Startseite