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Bundeshaushalt 2012: Schäuble warnt vor Pumpkapitalismus

Der Finanzminister sieht den Etatentwurf 2012 als solide an – für die Opposition ist er ohne Arme, Beine und Kopf.

Von Antje Sirleschtov

Dass es im Bundeshaushalt für das kommende Jahr um weit mehr als nur um nackte Zahlen geht, wurde bereits am Dienstagmorgen klar, als im Bundestag die bis in den November andauernden Beratungen über den Etat 2012 und die Finanzplanung bis 2015 begannen. Mit klaren Worten forderte Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) Griechenland auf, seine Hausaufgaben beim Schuldenabbau zu erledigen, die ihnen die Euro-Länder aufgegeben hatten, als sie das Land im vergangenen Jahr mit Milliarden-Bürgschaften vor dem Bankrott bewahrten. Die lahmende Konjunktur im Süden Europas droht nach Lage der Dinge den Athener Hilfsplan zu durchkreuzen. In letzter Konsequenz könnte das dazu führen, dass die Bürgschaften der Deutschen fällig würden. Der Bundeshaushalt müsste in einem solchen Fall für die Ausfälle geradestehen. Schäubles Finanzplan wäre in diesem Moment mit einem Schlag Makulatur.

Doch das griechische Rettungspaket ist nur eines der Risiken, die die Pläne des Finanzministers durchkreuzen könnten. So drohen die von der Bundesregierung im vergangenen Jahr beschlossenen Einsparungen, im Etat Stück für Stück dahinzuschmelzen. Eine Finanztransaktionssteuer soll zwei Milliarden Euro Mehreinnahmen bringen. Die FDP will sich dagegenstemmen. Brennelementesteuer für Atomkraftwerksbetreiber? Nach dem Atomausstieg des Frühjahrs muss mit weit geringeren Einnahmen gerechnet werden. Bundeswehrreform? Der neue Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) macht keinen Hehl daraus, dass die großen Einsparzahlen wohl nicht zu erbringen sein werden. Und dann erst die Steuersenkungen: Werden sie, wie es die FDP mit immer größerem Nachdruck fordert, ohne Gegenfinanzierung beschlossen, kostet das den Finanzminister ab 2013 auch noch einmal eine stattliche Milliardenzahl.

Schäuble lobte sein Planwerk am Dienstag dennoch als Beweis konsequenten Schuldenabbaus. „Wir schaffen Vertrauen durch finanzpolitische Solidität und Verlässlichkeit“, sagte er und warnte vor einem „Pumpkapitalismus“. Und wirklich sieht das Zahlenwerk auf den ersten Blick auch solide aus. Im Schnitt steigen die Ausgaben von rund 306 Milliarden Euro in den kommenden vier Jahren um jährlich 0,8 Prozent, was unter der Inflationsrate liegt. Und auch die Neuverschuldung (2012 bei 27,2 Milliarden Euro) soll bis 2015 auf rund 15 Milliarden Euro sinken. Die Schuldenbremse des Grundgesetzes könnte auf diesem Weg sogar früher eingehalten werden als geplant.

Dennoch kritisierte die Opposition die Etatpläne Schäubles scharf und sprach von Luftbuchungen. SPD, Grüne und Linke verwiesen darauf, dass die zuletzt gute Konjunkturentwicklung und steigende Steuereinnahmen zu einer stärkeren Senkung des Haushaltsdefizits genutzt werden müssen. Der SPD-Haushaltsexperte Carsten Schneider warf Schäuble erneut vor, die Vorgaben der Schuldenbremse zu umgehen und eine „Kriegskasse“ für Steuersenkungen zu schaffen. Der Haushalt 2012 könnte allein dank der Konjunktur mit Neuschulden von „nur“ 20 Milliarden Euro – statt 27 Milliarden – auskommen.

Nach Ansicht der Haushaltsexpertin der Grünen, Priska Hinz, kann Schäuble die zunehmenden Unwägbarkeiten bei Einnahmen und Ausgaben nicht abfedern. „Wenn es (die Konjunktur) einbricht, dann stehen Sie da und können den Finanzplan so nicht erfüllen.“ Echte Einsparungen gebe es lediglich im Sozialbereich, strukturelle Kürzungen hingegen nicht. Die Parteivorsitzende der Linken, Gesine Lötzsch, verglich den Etatentwurf mit einem „antiken Torso: ohne Arme, Beine und Kopf“. Niemand wisse, was abgesichert werden solle. mit dpa

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