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Bundeshaushalt 2017: Die Null muss stehen

Die SPD will ihr Sozialpaket finanzieren, die Union keine weiteren Schulden machen. Wolfgang Schäuble stellt den Haushalt 2017 vor. Ein Kommentar.

Von Lutz Haverkamp

Wenn Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble am Mittwoch seinen Kabinettskollegen den Bundeshaushalt 2017 vorstellt, wird jede Partei das Zahlenwerk als ihren ureigenen Erfolg verkaufen. Die einen, weil der Bund auch 2017 keine neuen Schulden machen wird, die anderen, weil sie zusätzliche Ausgaben für ihre Politik durchgesetzt haben.

Auf einen Punkt wird niemand gesondert hinweisen, weil damit keine Wähler zu begeistern sind – den Einzelplan 32. Dahinter verbirgt sich der Posten Bundesschuld, also die Ausgaben, die Schäuble für Zinszahlungen der schon angehäuften Schulden aufbringen muss. Es werden mehr als 20 Milliarden Euro sein - wegen des niedrigen Zinsniveaus rund fünf Milliarden weniger als im Jahr zuvor. Dennoch: Es ist der viertgrößte Posten im Haushalt. Nur die Ressorts Arbeit und Soziales sowie Verteidigung und Verkehr dürfen mehr ausgeben.

Mit diesen 20 Milliarden Euro werden keine Straßen gebaut, keine Schulen gegründet, keine Flüchtlinge integriert. Damit wird nicht die soziale Schieflage in Deutschland bekämpft. Das Geld wird nicht genutzt, um die mehr als 1,6 Millionen Kinder, die von Hartz IV leben, aus ihren relativ ärmlichen Verhältnissen herauszuholen. Das Geld wird nicht dafür ausgegeben, um den mehr als drei Millionen Rentnern in Altersarmut einen würdigen Lebensabend zu gewähren. Nein, der drittgrößte Ausgabeposten im Bundeshaushalt ist nur dafür da, die Schulden der Vergangenheit zu finanzieren. Nur die Zinsen – für eine Reduzierung der Altlasten bedürfte es noch viel mehr Geld.

Das zeigt: Die inzwischen von vielen kritisierte "Schwarze Null" ist ein gutes Ziel, eine politische Maxime, die es zu achten gilt. Auch um der Politik in Zukunft größere Spielräume zu geben. Denn wer Schulden abbaut, zahlt weniger Zinsen und hat mehr übrig für Konsum und Investitionen. Das ist beim Staat nicht anders als beim privaten Auto- oder Hauskauf auf Pump.

Die Kluft wächst

Gesamtstaatlich gesehen gibt es eine lange Reihe von Anzeichen, die die gute wirtschaftliche Situation in Deutschland beschreiben. Der Arbeitsmarkt ist in Topform, die Wirtschaft verkauft ihre Produkte und Dienstleistungen in alle Welt, nie zuvor waren so viele Menschen sozialversicherungspflichtig beschäftigt, der Mindestlohn hat in einigen Bereichen zu deutlichen Lohnzuwächsen geführt, die Renten steigen wie lange nicht. Das führt zu nie dagewesenen Steuereinnahmen, die Sozialkassen profitieren, viele Menschen können zufrieden sein.

Und doch, es gibt auch ein anderes Deutschland: marode Schulgebäude, kaputte Straßen und Brücken, Langzeitarbeitslosigkeit, Kinderarmut, durch Stadtflucht verödende Gemeinden in der Fläche, ein von vielen als ungerecht empfundenes Steuersystem, eine wachsende Kluft zwischen Arm und Reich, Bürokratiewahnsinn und Behördenversagen.

Beide Aufzählungen ließen sich nahezu unendlich fortsetzen. Was zeigt das? Es zeigt die Handlungsfelder für die Politik auf. Die können ganz unterschiedlich im Hinblick auf ihre Dringlichkeit und gesamtstaatliche Bedeutung bewertet werden. Das fördert im Idealfall den politischen Diskurs, animiert zur Teilhabe der Bürger und führt zu einem demokratisch herbeigeführten Kompromiss. Einer dieser Kompromisse war in der Vergangenheit auch die „Schwarze Null“. Sie muss stehen, damit auch zukünftige Generationen finanziellen Spielraum für gestalterische, zukunftsweisende Politik haben.

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