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Politik: Bundeskanzler Schröder verteidigt das Sparkonzept gegen massive Kritik

BONN (Tsp). Einen Tag nach der Einigung der rot-grünen Koalition über ihr Spar- und Steuerkonzept ist der Streit über dessen Folgen am Mittwoch in voller Schärfe entbrannt.

BONN (Tsp). Einen Tag nach der Einigung der rot-grünen Koalition über ihr Spar- und Steuerkonzept ist der Streit über dessen Folgen am Mittwoch in voller Schärfe entbrannt. Bundeskanzler Schröder und Finanzminister Eichel verteidigten die Beschlüsse mit dramatischen Worten und Appellen. Schröder sprach von einer "Entscheidung von historischer Tragweite". Mit Blick auf die Vorgängerregierung sagte er: "Die Zeit des unverantwortlichen Durchwurstelns und Aussitzens ist vorbei." Unionspolitiker wie Gewerkschafter bezeichneten das Gesamtpaket dagegen als sozial unausgewogen.

Das Bundeskabinett hatte zuvor das umfangreiche Reformpaket verabschiedet. Dazu zählen die Unternehmen- und die Ökosteuerreform, die Familienentlastung, die Renten- und Gesundheitsreform und der Sparhaushalt für 2000. Durch Etatkürzungen soll die Neuverschuldung im kommenden Jahr von 53,5 auf 49,5 Milliarden und bis 2003 gar auf 30,4 Milliarden Mark sinken. Nach den Plänen der Regierung soll unter anderem die Unternehmensteuer auf 25 Prozent sinken, zuzüglich der Gewerbesteuer. Die Renten sollen für zwei Jahre nur um die Inflationsrate steigen. Zur Entlastung der Familien soll unter anderem das Kindergeld um 20 Mark steigen. Die Mineralölsteuer soll bis 2003 jährlich um sechs Pfennig und die Stromsteuer um 0,5 Pfennig pro Jahr steigen. Im Gegenzug werden die Rentenbeiträge um nochmals 2,3 Prozentpunkte gesenkt.

Mit Reformpaket und Sparhaushalt gebe es eine reale Chance, das sich für dieses Jahr andeutende Wirtschaftswachstum zu unterstützen, sagte Schröder am Mittwoch in Bonn. "Das ist das Programm der Macher gegen die Miesmacher." Eichel zeichnete ein dramatisches Bild der von der alten Bundesregierung übernommenen "Haushaltsnotlage". Fast jede vierte Steuermark werde für Zinsen ausgegeben. "Die Handlungsfähigkeit des Staates geht kaputt". Die soziale Symmetrie bleibe aber gewahrt, sagte Eichel. Im Sozialstaat gebe es Umbau, keinen Abbau. "Wir bekommen einen Übergang vom fürsorgenden zum aktivierenden Sozialstaat." Der Aufbau Ost gehe auf hohem Niveau "ganz ungebremst weiter".

Gewerkschafter und linke SPD-Politiker übten Kritik an den Beschlüssen. Der DGB-Vorsitzende Schulte sagte, das Paket sei in Teilen "sozial ungerecht". Es sei nicht einzusehen, warum Vermögende keinen Beitrag zur Haushaltskonsolidierung zu leisten hätten, wohl aber Rentner, Arbeitslose und Beamte. Die Gewerkschaften DAG, DPG, IG Medien, HBV und ÖTV warfen der Koalition vor, sie drohe die soziale Balance zu verlieren, wenn sie "die Unternehmen um rund acht Milliarden entlasten will und gleichzeitig Rentnern und Arbeitslosen erhebliche Opfer zumutet". Eingeschränkte Zustimmung kam hingegen aus der Wirtschaft. Die vier Spitzenverbände erklärten, das mit der Unternehmensteuerreform verfolgte Ziel, mehr Investitionen und Arbeitsplätze zu schaffen, sei zu unterstützen. Der Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI), Henkel, kritisierte jedoch, daß die Ökosteuer die Industrie erheblich belaste; ihre Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt seien "mit Sicherheit negativ".

CDU-Chef Schäuble warf der Regierung vor, "ihre Politik der Täuschung von Wählern und Öffentlichkeit" fortzusetzen. "Das laut gepriesene Sparpaket reicht nicht annähernd aus, um auch nur die unverantwortlichen Ausgabesteigerungen im Haushalt 1999 rückgängig zu machen", bemängelte er. "Von den angeblich 30 Milliarden Mark Sparpaket sind über zwei Drittel nicht seriös belegt.

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