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Bundeskanzlerin Angela Merkel und die CDU-Spitzenkandidatin bei den Bürgerschaftswahlen in Bremen, Rita Mohr-Lüllmann.

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Bundesparteien: Bremen-Wahl hinterlässt Schwarze Löcher

Grüne weiter auf dem Vormarsch, CDU und FDP erneut mit Verlusten, Linkspartei nur knapp im Parlament. Was bedeutet das Wahlergebnis von Bremen für die Bundesparteien?

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Fünf Landtagswahlen in diesem Jahr – und die CDU kommt nicht aus dem Tief. In Bremen musste sie sich mit dem dritten Platz zufrieden geben. Von einer „schmerzhaften“ Niederlage und „herben“ Enttäuschung sprach am Abend CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe. Der Parlamentarische Geschäftsführer Peter Altmaier versuchte, die Abwendung von seiner Partei mit der großen Verantwortung zu erklären, die die CDU in der Bundespolitik auch international zu tragen habe, Die Ergebnisse seien oft so komplex seien, dass man sie nicht immer gut erklären könne. Auch auf die Frage, wie sich der Niedergang rechtzeitig vor den Wahlen in Berlin und Mecklenburg-Vorpommern aufhalten ließe, wusste Altmaier keine klare Antwort. Dafür lieferte Sigmar Gabriel, der SPD-Vorsitzende, eine Erklärung. Die Niederlagenserie der Union zeige, dass die CDU mit Angela Merkel als Kanzlerin nicht mehr gewinnen könne, sagte er.

Katerstimmung natürlich auch bei der FDP. Es ist gerade einmal sieben Tage her, dass sich die Liberalen mit ihrem neuen Vorsitzenden Philipp Rösler nach Monaten des Niederganges wieder auf dem Pfad der Hoffnung wähnten, und schon setzt es die erste Niederlage. In Bremen halbiert die FDP ihr Ergebnis und fliegt aus dem Landesparlament. Kein Wunder, dass FDP-Generalsekretär Christian Lindner am Abend versuchte, die Bedeutung der Wahl in Bremen für den personellen Neuanfang der Liberalen herunterzuspielen. Eine Woche an der Spitze der FDP – da könne man noch keine Besserung erwarten. Mithin: Bremen geht noch auf das Konto von Guido Westerwelle.

Im Herbst wird das als Erklärung nicht mehr ausreichen. Schließlich hatte Rösler versprochen, unter seiner Führung werde die FDP „liefern“, und zwar das, was sie ihren Wählern 2009 versprochen hatte. Doch wie das gelingen soll, etwa bei den Terrorgesetzen oder beim Thema Steuererleichterungen, mit einem Koalitionspartner, der sich in keiner Weise unter Druck setzen lassen will – auf diese Frage muss die neue FDP-Führung erst noch Antworten finden. Bei den Liberalen in Mecklenburg-Vorpommern nimmt derweil die Nervosität zu. Nach dem Bremer Debakel forderte FDP-Landeschef Christian Ahrendt von der Bundespartei nun ein „klares Signal“ noch vor der Sommerpause. Wenn in seinem Bundesland im September gewählt wird, müssten die FDP-Anhänger sehen, dass die FDP liefern könne, was sie vor der Bundestagswahl versprochen hat. „Nur so kann verlorene Glaubwürdigkeit zurückgewonnen werden.“ Konkret forderte er, auf den Solidaritätszuschlag zu verzichten.

Die einen haben den Führungswechsel schon hinter sich, bei den anderen kann es noch dauern. Die Linke hat es in Bremen gerade noch mal geschafft. Das bedeutet: Oskar Lafontaine kann im Saarland bleiben – die zugespitzte Situation, nach der er bei einer Niederlage in Bremen ein Comeback als Parteivorsitzender der Linken erwogen hätte, ist ausgeblieben. Es gebe sie „wirklich nicht“, versicherte Heinz Bierbaum, Vizechef der Partei und Vertrauter Lafontaines, nachdem klar war, dass seine Partei die Fünf-Prozent-Hürde überspringt. Bierbaum gehörte zu denen, die nach den Wahlniederlagen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz die Rückkehr Lafontaines auf die Bundesbühne ins Spiel gebracht hatten. Die umstrittenen Parteivorsitzenden reden nicht über die Stimmenverluste der Linken. Sondern, wie Gesine Lötzsch, über die „sehr gute Sache“ – dass nämlich die Linke nach Hessen und Hamburg zum dritten Mal den Wiedereinzug in ein West-Landesparlament geschafft hat. Für Klaus Ernst ist das ein „herausragendes Ergebnis“. Schließlich hätten auch die vielen Scharmützel im Bremer Landesverband zum mäßigen Resultat beigetragen, sagen Bundes-Linke. Bremens Spitzenkandidatin Kristina Vogt gibt zurück: Die Linke habe sich „gegen den Bundestrend“ behauptet.

So wichtig das hervorragende Ergebnis für die Grünen in Bremen selbst war, so bedeutend war es auch für die Bundes-Grünen. Parteichefin Claudia Roth zeigte sich am Abend sichtlich beruhigt darüber, dass der „Bundestrend“ in Bremen bestätigt worden sei. Sie haben auch aus einer Landesregierung heraus zugelegt, das befreit die grünen Wahlergebnisse der vergangenen Monate von dem Makel, Eintagsfliegen gewesen zu sein. Und dass sie auch noch die CDU überholt haben, gibt den Grünen Schwung für die nächste Herausforderung. In Berlin will Renate Künast Mitte September die SPD übertrumpfen und Regierende Bürgermeisterin werden.

Schließlich die SPD: Groß ist die Kluft zwischen dem Bremer Spitzen-Ergebnis, das am Wahlabend im Willy-Brandt- Haus euphorisch bejubelt wurde, und den bundesweiten Umfragewerten. Zwischen zehn und 16 Prozentpunkte liegt die Bundes-SPD zurück. Die Schwäche im Bund erklären Sozialdemokraten gern mit einer Art Sonderkonjunktur für die Grünen, die als genuine Anti-Atompartei nun mal stärker vom Thema Energiewende profitieren könne. Das werde sich ändern, sobald andere Themen eine größere Rolle spielen, hoffen die Genossen. Ähnlich argumentierte am Wahlabend auch Generalsekretärin Andrea Nahles. In der ARD gab sie aber auch zu, dass sich die SPD stärker anstrengen müsse, um den Bürgern klar zu machen, wofür sie eigentlich steht. Das, so sagen die Umfragen, wissen viele Wähler knapp zwei Jahre nach der Bundestagswahl nämlich immer noch nicht.

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