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Am Sommerpalast. Daniela Schadt und Joachim Gauck in Peking.

© Wolfgang Kumm/dpa

Bundespräsident: Joachim Gauck ist beim China-Besuch in Hochform

Menschenrechte statt Wirtschaftsfragen: Bundespräsident Joachim Gauck begeistert bei seinem China-Besuch. Aber es gibt Indizien für den Verzicht auf eine zweite Amtszeit.

Ungeachtet der Appelle von allen politischen Seiten steht noch nicht fest, ob Bundespräsident Joachim Gauck eine zweite Amtszeit anstreben wird. Die nächste Wahl durch die Bundesversammlung findet am 12. Februar 2017 statt. „In ein paar Wochen oder Monaten werde ich es der deutschen Öffentlichkeit sagen“, sagte Gauck dieser Tage am Rande seines China-Besuchs.

Besonders der Verlauf dieses Besuchs hatte parteiübergreifend den Wunsch noch einmal verstärkt, Gauck solle für eine Wiederwahl zur Verfügung stehen. Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel, die CDU-Vorsitzende, sprach sich unlängst dafür aus und erklärte, seine Bereitschaft würde sie freuen. Die CDU hatte Gauck vor Amtsantritt 2012 skeptisch bis ablehnend gegenübergestanden.

In der Delegation für den China-Besuch herrschte nach der Rückkehr geradezu Begeisterung über den Auftritt des Präsidenten. Bereits die Zusammenstellung der Begleiter war mit Aufmerksamkeit registriert worden, da Politiker üblicherweise besonders von Vertretern der Wirtschaft nach China begleitet werden, um die Handelsbeziehungen beider Länder zu verbessern.

Das war in diesem Fall augenfällig anders. Nur ein Wirtschaftsvertreter eines Spitzenverbandes reiste mit. Ansonsten begleiteten Gauck die neue Menschenrechtsbeauftragte, eine SPD-Abgeordnete, der Gewerkschaftsvorsitzende, eine deutsch-chinesische Wirtschaftsjuristin, zwei Kirchenleute – evangelisch und katholisch – ein Ausstellungsmacher zeitgenössischer deutscher Kunst, die BGH-Präsidentin, ein Medizinethiker, dazu Stiftungsvertreter.

"Alles ausgesprochen, ohne zu verletzen"

Die Personen hätten eindrücklich für das Programm des Präsidenten gestanden, wurde aus der Delegation berichtet. Der Menschenrechtler noch zu DDR-Zeiten habe eine eigene Agenda verfolgt, eine, die den Botschaftern beider Seiten im Vorfeld „den Schweiß auf die Stirn“ getrieben habe, wie es hieß. Der Bundespräsident habe dann seine „Klasse gezeigt“: Alle Themen seien derart offen und zugleich im Ton angemessen besprochen worden, „dass alles ausgesprochen wurde, ohne zu verletzen“.

Gauck habe mit den Kadern der Parteischule über Marxismus und Kommunismus in Theorie und Praxis geredet, dass selbst die gestaunt hätten. Er habe den Gesprächspartnern gezeigt, was er unter Dialog verstehe, unter anderen dem Staatspräsidenten. Wo andere Spitzenpolitiker eher verschämt das ein oder andere Menschenrechtsproblem andeuteten, diskret Einzelfälle vortrügen, sei er bei seinen Themen geblieben: Arbeiterrechte, Freiheit der Kunst und der Wissenschaft, Religionsfreiheit, Rechtsstaatlichkeit.

Gauck traf in China Künstler, rechtlose Wanderarbeiter, Jugendliche, Vertreter des Judentums, des Islam, der evangelischen und katholischen Kirche. Der frühere Pfarrer Gauck besuchte in der Karwoche auf einer Staatsreise auch einen Gottesdienst – so habe es früher Bundeskanzler Helmut Kohl gehalten, erklärten Delegationskreise. Das Fazit lautet in einem Fall wörtlich: „Mehr geht nicht.“ Alle, die hierzulande in Sonntagsreden für eine an Grundwerte gebundene Demokratie einträten, „können stolz auf unseren Präsidenten sein“. Diese Einschätzung wurde nach Rückkehr an höhere offizielle Stellen weitergegeben.

Dessen ungeachtet gibt es allerdings auch Anzeichen, dass Gauck auf eine weitere Amtszeit verzichten könnte. Zum einen wäre er bei seiner zweiten Wahl schon 77 Jahre und damit der älteste Kandidat je. Zum Zweiten erklärte seine Lebensgefährtin Daniela Schadt jetzt eine Rückkehr in den Journalismus nach der Amtszeit des Staatsoberhaupts für möglich. Politik sei faszinierend. „In meinem Herzen bleibe ich aber immer Journalistin“, sagte Schadt der „Rheinischen Post“. Sie arbeitete vor dem Einzug ins Schloss Bellevue als Politikredakteurin für die „Nürnberger Zeitung“ und wäre nach Ende einer zweiten Amtszeit 61 Jahre. Darüber hinaus heißt es, dass die vermietete Privatwohnung Gaucks in Berlin zum kommenden Jahr wieder frei werde.

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