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Bundesrat: Länder fordern Strafen für organisierte Sterbehilfe

Politiker und Ärzte reagieren empört auf die Sterbehilfe des ehemaligen Hamburger Justizsenators Roger Kusch. Mehrere Bundesländer wollen organisierte Sterbehilfe künftig mit Freiheitsstrafen ahnden.

Die vom ehemaligen Hamburger Justizsenator Roger Kusch geleistete Sterbehilfe bei einer 79-jährigen Frau aus Würzburg empört Politiker und Ärzte. Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) sagte, der "richtige Weg" seien Hilfsangebote für sterbende Menschen. Das sei zugleich ein wesentlicher Beitrag dazu, den Diskussionen um aktive Sterbehilfe den Nährboden zu entziehen. Einem Bericht der "Berliner Zeitung" zufolge soll im Bundesrat am Freitag ein Gesetzentwurf beschlossen werden, nach dem die gewerbliche oder organisierte Sterbehilfe mit bis zu drei Jahren Freiheitsstrafe geahndet werden kann. Neben Baden-Württemberg stünden auch Bayern, Thüringen, das Saarland und Hessen hinter dem Entwurf.

Schmidt betonte, sie finde es "unglaublich, dass ein ehemaliger Senator sich mit einem solchen Apparat öffentlich produziert". Sie lehne ein solches Vorgehen ab. Sie fügte hinzu, sie könne es verstehen, dass Menschen, die schwer krank seien oder Angst hätten, ihre Würde zu verlieren, vielleicht über solche Auswege nachdächten. "Nur für uns ist das keine Alternative", betonte sie. Deswegen seien auch die Rahmenbedingungen kontinuierlich verbessert worden, zum Beispiel bei der palliativmedizinischen Versorgung.

Der Präsident der Bundesärztekammer, Jörg-Dietrich Hoppe, sagte: "Es ist abscheulich und zutiefst empörend, wie hier ein selbstgefälliger Zyniker die Einsamkeit einer alten Frau ausgenutzt hat, um seine Geltungssucht zu befriedigen."

Der baden-württembergische Justizminister Ulrich Goll (FDP) betonte, der Tod dürfe "nicht zu einem profanen Dienstleistungsangebot werden". Die Angst der Menschen, leiden zu müssen, dürfe nicht von Dritten zur eigenen Gewinnmaximierung ausgenutzt werden. Der hessische Justizminister Jürgen Banzer (CDU) mahnte, die Würde des Menschen müsse auch und gerade in existenziellen Situationen, insbesondere am Lebensende, uneingeschränkt gewahrt werden.

Verfahren gegen Kusch

Der Präsident der Deutschen Gesellschaft für Humanes Sterben (DGHS), Karlheinz Wichmann, sagte, seine Organisation lehne die Methode eines Injektionsautomaten ab. Er fügte hinzu: "Wir sind der Meinung, dass die aktive Sterbehilfe zu Recht in der Bundesrepublik Deutschland verboten bleibt." Allerdings sei die DGHS dafür, dass "in ganz gewissen Ausnahmefällen" die Möglichkeit bestehe, eine Regelung zu schaffen. Als "Ultima Ratio" müsse es jedem Bürger möglich sein, "auch durch eine gewisse Hilfe seinem Leben ein Ende zu setzen", sagte Wichmann, der zugleich einen Ausbau der Palliativmedizin und eine gesetzliche Grundlage für die Patientenverfügung forderte.

Kusch hatte am Montag seine aktive Sterbehilfe im Fall der 79-Jährigen Frau am vergangenen Samstag in Würzburg gerechtfertigt. Bei dem Suizid sei jedoch nicht der von ihm entwickelte sogenannte Tötungsautomat zum Einsatz gekommen. Die Frau sei nicht todkrank gewesen. Das Motiv für die Selbsttötung der hilfebedürftigen Frau sei die "grauenvolle panische Horrorvision" der Einsamkeit in einem Pflegeheim gewesen, sagte Kusch. Die Hamburger Staatsanwaltschaft leitete ein Vorermittlungsverfahren gegen ihn ein.

Nathalie Waehlisch, Martin Roy[ddp]

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