zum Hauptinhalt

Bundesregierung: Eichel legt doch neuen Haushalt vor

Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD) will am 6. Juli im Kabinett einen kompletten Haushaltsentwurf für 2006 vorlegen. Damit seien die Spekulationen vom Tisch, die Regierung wolle vor Neuwahlen etwas vertuschen und nur Eckpunkte vorlegen, hieß es aus dem Ministerium.

Berlin (22.06.2005, 17:51 Uhr) - Die Regierungssprecher gaben sich forsch: Von wegen Vertuschen, Verheimlichen und nur Eckpunkte für den Haushalt 2006 vor der möglichen Bundestags-Neuwahl Mitte September. Finanzminister Hans Eichel (SPD) werde am 6. Juli einen «umfassenden und kompletten» Haushaltsentwurf für das kommende Jahr auf den Tisch legen, kündigten der stellvertretende Regierungssprecher Thomas Steg und Eichels Sprecher Stefan Giffeler an. Mit allen Einzelheiten zur Finanzlage werde man in den Wahlkampf ziehen und die Pläne der Opposition als Wahlversprechen und Kürzungen von Sozialleistungen entlarven.

Mit der Ankündigung wurde zumindest ein Teil des wochenlangen Rätselratens beendet. Denn auch in der rot-grünen Koalition gab es nicht wenige Stimmen, angesichts der Finanzmisere lieber nur ein paar Eckpunkte vorzulegen. Es sollte vermieden werden, dass CDU und FDP die Regierung vor der geplanten Neuwahl vorführen. Die Opposition hat vehement einen Kassensturz und die Vorlage des kompletten Zahlenbuchs der Nation für 2006 gefordert.

Dass Eichel dies umsetzt - ob mit oder ohne formalen Beschluss des Kabinetts - könnte Unions-Kanzlerkandidatin Angela Merkel (CDU) in die Bredouille bringen. Denn der 6. Juli liegt nah an der Vorstellung des Wahlprogramms der Union fünf Tage später. Da das Papier vorher an Mitglieder des Bundesvorstands von CDU und CSU verschickt werden muss, bleibt den Verfassern der Wahlstrategie um die beiden Generalsekretäre Volker Kauder (CDU) und Markus Söder (CSU) nur wenig Zeit, Eichels Zahlen einfließen zu lassen. Unbeachtet können sie den Kassensturz nicht lassen, wenn das von Merkel angekündigte «ehrliche Programm» vorgelegt werden soll.

Fällt die Haushaltslage dramatisch aus, so engt dies auch den Spielraum der Union für Wahlankündigungen weiter ein. Die Bürger werden dann noch genauer darauf achten, ob der Umbau der gesetzlichen Krankenversicherung und die Steuervereinfachung von CDU/CSU realistisch gegenfinanziert sind. Die Unions-Experten dürften Eichels Zahlenwerk allerdings schnell analysiert haben. Führende Haushälter haben bereits vor überzogenen Erwartungen gewarnt.

Dass das Zahlenwerk dramatisch ausfallen wird, steht schon fest. Das Finanzministerium beziffert die Etatlücke auf «mindestens» 17 Milliarden Euro. Das sei nämlich die Summe, die auf Grund der Blockade der Union beim Subventionsabbau fehle. Hinzu kommen weitere Einnahme- und Ausgabeprobleme: Die Konjunktur kommt nicht in Fahrt, die Arbeitsmarktkosten bleiben hoch. Nach Unions-Berechnungen würde ohne Gegensteuern die Neuverschuldung des Bundes schon 2006 auf knapp 53 Milliarden und 2007 auf 56 Milliarden Euro steigen müssen, da Privatisierungserlöse nach dem Ausverkauf auf 3,3 beziehungsweise nur noch 0,1 Milliarden Euro sinken.

Als sicher gilt, dass Eichel im Etat 2006 eine so genannte Globale Mehreinnahme einstellt. Das sind unterstellte Erlöse, für die es - wie beim Subventionsabbau - noch keine Beschlüsse gibt. Sicher ist auch, dass es eine Globalen Minderausgabe geben wird, also Sparvorgaben für die Ressorts, die noch nicht konkret fest gezurrt sind. Angeblich ist Eichel sich mit den einzelnen Ministern einig, die «Chefgespräche» sollen bereits abgeschlossen sein.

Dass es - sehr zum Ärger der Union - mit hoher Wahrscheinlichkeit keinen Kabinettsbeschluss zum Haushalt geben wird und der Etatentwurf damit nicht dem Bundestag zugleitet wird für die üblichen Parlamentsberatungen Anfang September, stört in der Koalition kaum. «Ob das Zahlenwerk die Weihen eines Kabinettsbeschlusses erhält, ist eher zweitrangig», heißt es. Wichtig sei, dass die Karten auf dem Tisch lägen. (Von André Stahl, dpa)

Zur Startseite