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Politik: Bundestag erlaubt Gentests bei Embryos

Mehrheit für begrenzten Einsatz der PID / Kirchen und Wohlfahrtsverbänden geht Entscheidung zu weit

Berlin - In Deutschland sind künftig Gentests an künstlich erzeugten Embryos erlaubt. Nach einer vierstündigen, emotional und grundsätzlich geführten Debatte im Bundestag votierte eine deutliche Mehrheit von 326 Abgeordneten am Donnerstag für einen Gesetzesentwurf, der den begrenzten Einsatz der sogenannten Präimplantationsdiagnostik (PID) erlaubt. 260 Abgeordnete stimmten dagegen, acht enthielten sich. Der gewählte Entwurf stammt von einer fraktionsübergreifenden Gruppe um die Abgeordneten Ulrike Flach (FDP), Peter Hintze (CDU) und Carola Reimann (SPD).

Nach dem Gesetzesvorhaben ist die PID in Zukunft in Fällen zulässig, „in denen ein oder beide Elternteile die Veranlagung für eine schwerwiegende Erbkrankheit in sich tragen oder mit einer Tot- oder Fehlgeburt zu rechnen ist“. Das gilt auch für Krankheiten, die erst im höheren Lebensalter auftreten, oder für genetische Dispositionen, die die Möglichkeit einer Erkrankung beinhalten, wie etwa das Brustkrebs-Gen. Dies muss ein geschulter Arzt bestätigen. Hierüber sollen dann Ethikkommissionen entscheiden.

Die Befürworter der PID verwiesen auf das Leid erblich vorbelasteter Eltern und nahmen für sich eine „Ethik des Helfens“ in Anspruch. Die Befürworter eines PID-Verbots um die Abgeordneten Johannes Singhammer (CSU) und Katrin Göring-Eckardt (Grüne) warnten vor einer „Selektion“. Unions-Fraktionschef Volker Kauder (CDU) kritisierte eine „grundsätzliche Umwertung“ dessen, was bisher im Bundestag allgemeiner Konsens gewesen sei: Dass niemandem wegen seiner genetischen Disposition das Leben abgesprochen werde.

Die Neuregelung zur PID war notwendig geworden, nachdem der Bundesgerichtshof 2010 die Auswahl künstlich befruchteter Eizellen bei Paaren mit einer Veranlagung zu schweren Genschäden erlaubt hatte. Eine klare gesetzliche Grundlage gab es dafür bislang nicht.

Die Reaktionen auf die Entscheidung des Bundestags fielen unterschiedlich aus. Die Bischofskonferenz, die gegen die PID votiert hatte, hat die Zulassung der Präimplantationsdiagnostik bedauert. Umso mehr dringe man nun darauf, die PID tatsächlich nur eng begrenzt anzuwenden, erklärte der Vorsitzende Robert Zollitsch. Der Evangelischen Kirche in Deutschland geht die beschlossene Zulassung der PID zu weit. EKD-Ratsvorsitzender Nikolaus Schneider erklärte, er hätte es vorgezogen, die PID nur bei großer Wahrscheinlichkeit einer Tot- oder Fehlgeburt zuzulassen. Die Behindertenvereinigung Lebenshilfe fürchtet, dass Behinderung künftig als vermeidbar erscheine. Viele Menschen mit Behinderung müssten die Entscheidung des Parlaments als diskriminierend empfinden. Caritas-Präsident Peter Neher sprach von einem falschen Signal der Politik.

Der Präsident der Bundesärztekammer, Frank Ulrich Montgomery, sagte, die Ärzte würden dafür Verantwortung übernehmen, dass die PID unter kontrollierten Bedingungen und nur nach vorheriger fachkundiger Beratung angewendet werde. Sie dürfe auf keinen Fall ein Routineverfahren bei künstlicher Befruchtung werden. mit epd/KNA

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