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Politik: Bundestag schickt deutsche Soldaten in den Nahen Osten

Parlament beschließt Einsatz mit großer Mehrheit Erste Schiffe nehmen heute Kurs auf den Libanon

Von Robert Birnbaum

Berlin - Zum ersten Mal in der Nachkriegsgeschichte wird sich Deutschland mit Soldaten im Nahostkonflikt engagieren. Der Bundestag beschloss am Mittwoch mit deutlicher Mehrheit den Einsatz eines Marinekontingents zur Verhinderung von Waffenschmuggel in den Libanon. 442 Abgeordnete stimmten dem Mandat zu, 152 Abgeordnete lehnten es ab. Fünf Parlamentarier enthielten sich. Die Entscheidung spaltete bis auf die Linkspartei, die geschlossen dagegen stimmte, alle Fraktionen. So gab es bei der SPD 32 Gegenstimmen, bei der Union zwölf und den Grünen sechs. Bei der FDP stimmten entgegen der Mehrheit acht Abgeordnete dem Einsatz zu.

Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hob als mitentscheidend für den Einsatz hervor, dass die Konfliktparteien eine Mitwirkung der Bundeswehr an der UN- Truppe Unifil befürwortet hätten. „Die Bundeswehr ist gewollt – und zwar von Israel und Libanon“, sagte sie. Die Entsendung der Soldaten diene der Durchsetzung internationalen Rechts, aber auch dem deutschem Interesse an Frieden in der Nachbarregion Europas. Merkel betonte zugleich, der Militäreinsatz könne nur der Anfang eines „langen Weges“ zur politischen Lösung des Konflikts sein. Sie versprach, sich „persönlich“ bei der amerikanischen Regierung dafür stark zu machen, dass sie sich wieder stärker an diesem Prozess beteiligt.

Während Redner von SPD und Grünen sich dieser Argumentation im Kern anschlossen, bekräftigten die Linkspartei und die FDP ihre Ablehnung. FDP-Chef Guido Westerwelle warnte vor „Gutgläubigkeit“ in die Bereitschaft der libanesischen Regierung, sich an einer Entwaffnung der Hisbollah zu beteiligen. Er erneuerte zudem die Befürchtung, deutsche Marinesoldaten könnten in direkte Konfrontation mit Israelis geraten.

Israels Botschafter Schimon Stein schätzt diese Möglichkeit aber als „ausgeschlossen“ ein. „Ich sehe diese Gefahr nicht, weil dieses Szenario völlig theoretisch ist“, sagte Stein dem Tagesspiegel. Stein wertete den Bundestagsbeschluss als „historische Entscheidung“. „Wenn das Existenzrecht Israels zur deutschen Staatsräson gehört, dann kann Deutschland im Nahen Osten nicht neutral sein“, sagte der Diplomat. Die Existenz Israels hänge allerdings nicht von der Umsetzung der UN-Resolution 1701 ab.

Der erste deutsche Marineverband soll schon heute von Wilhelmshaven auslaufen. Das auf ein Jahr befristete Mandat umfasst bis zu 2400 Bundeswehrsoldaten – darunter 1500 Marinesoldaten, 100 Soldaten für den Lufttransport, 400 Soldaten für Operationsführung und Logistik, 100 Soldaten für Beratung und Ausbildung des libanesischen Militärs sowie 300 Soldaten als planerische Reserve. Verteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) sagte aber, es müsse einkalkuliert werden, dass mehr Zeit gebraucht werde.

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