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Bundestagswahl: Martin Schulz stichelt gegen Angela Merkel

Der SPD-Kandidat ignoriert tapfer die Meinungsumfragen. In einem Fernsehinterview ist er sicher, wie der neue Kanzler heißen wird: Martin Schulz.


Martin Schulz versucht es erstmal mit einem CDU-Witz. Als bei der Fernsehjournalistin kurz vor Beginn der Aufzeichnung des Interviews der Knopf im Ohr streikt, fragt der SPD-Kanzlerkandidat: „Haben Sie die Ton-Technik im Adenauer-Haus bestellt oder was?“ Höfliches Gelächter, Schulz grinst spitzbübisch.

Vor dem Interview mit den Sendern Phoenix und Deutschlandfunk scheint sich Schulz vorgenommen haben, es diesmal nicht an Spitzen gegen die Kanzlerin fehlen zu lassen. Da kommt ihm das erste Thema – Donald Trump – gelegen: „Es ist unerträglich, dass ein Präsident dieser freiheitsliebenden Nation Neonazis nicht in die Schranken weist. Gerade ein deutscher Kanzler müsste ihm das sagen“, schimpft Schulz. Angela Merkel aber habe die Angewohnheit sich erstmal zurückzuziehen und abzuwarten.

Bekenntnis zum Zwei-Prozent-Ziel der Nato

Auch beim nächsten Punkt will Schulz zeigen, wie sich seine Partei von der CDU abgrenzt: Drei bis fünf Milliarden pro Jahr, sagt Schulz, wolle er jährlich mehr für die Bundeswehr ausgeben. Merkel dagegen bekennt sich zu dem Nato-Ziel, die Militärausgaben bis 2024 in Richtung zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts zu erhöhen. Das wären bis zu 30 Milliarden mehr pro Jahr. Schulz hält dieses Ziel aber für einen Fehler. Würde Deutschland sich tatsächlich daran orientieren, wäre die Bundeswehr die größte Armee Europas. Nichtsdestotrotz hält auch Schulz eine Budgeterhöhung für unumgänglich. „Die Bundeswehr ist teilweise nicht mehr handlungsfähig“, sagt er.

Kein Einfluss auf den Parteifreund Schröder

Schulz gibt sich kampfbereit an diesem Abend und preist das Wahlprogramm der SPD. Schimpft auf den „Zickzackkurs“ der Kanzlerin beim Thema Elektroautos. Verlangt, dass ein „deutscher Kanzler“ europäische Solidarität in der Flüchtlingskrise einfordere.

Doch es bleibt ihm nicht erspart, auch über das leidige Thema Gerhard Schröder zu sprechen – und über dessen Ambitionen beim russischen Staatskonzern Rosneft. Er habe ihm davon abgeraten, dort einen Aufsichtsratsposten anzunehmen. „Ich habe ihn darauf hingewiesen, dass man als Bundeskanzler außer Dienst nur bedingt Privatmann ist.“ Schulz räumt aber auch ein, dass er auf manche Dinge eben keinen Einfluss hat.

Und weil Schulz auch auf die Umfragewerte der SPD derzeit wenig Einfluss zu haben scheint, ist jetzt offenbar seine Strategie, diese einfach zu ignorieren. „Ich bin mir sicher, dass ich für meine Positionen eine Mehrheit in Deutschland gibt“, sagt er. Und legt noch einen drauf: Selbst wenn man bis kurz vor der Wahl glauben werde, dass Merkel gewinnt, „wird am 25. September der neue Kanzler Martin Schulz heißen“.

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