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De Maizière mit Bundeswehrsoldaten.

© dpa

Bundeswehr: Antreten zum Veteranentag

Verteidigungsminister de Maizière möchte einen neuen Gedenktag für Bundeswehr-Veteranen schaffen. Die Reaktionen sind verhalten, der Sinn ist umstritten.

Von Michael Schmidt

Die Bundeswehr – eine ganz normale Armee? Krieg, Gefallene, Tapferkeit: In den vergangenen Jahren ist eine Sprache wieder sprechbar, sind Worte und Taten wieder sag- und denkbar geworden, die lange Zeit obsolet zu sein schienen. Nun wagt Thomas de Maizière einen weiteren Vorstoß: Die Zeit sei reif für einen „Veteranentag“, findet der Verteidigungsminister. Was der CDU-Politiker als Auftakt zu einer ergebnisoffenen Diskussion gedacht hat, stieß am Donnerstag auf ein geteiltes Echo.

Zustimmung gab es vom Bundeswehrverband und aus Reihen der Union. Verteidigungsausschussmitglied Bernd Siebert (CDU) sagte, „der Begriff Veteran symbolisiert den Preis, den die Bundeswehrangehörigen für die Verteidigung unser aller Freiheit mitunter zahlen müssen. Ein solcher Tag wäre auch ein deutliches Zeichen von Ehrlichkeit der Bevölkerung gegenüber, dass Freiheit und Wohlstand nicht kostenlos sind, sondern stets aufs Neue gesichert werden müssen.“

Der SPD-Wehrexperte Rainer Arnold dagegen lehnte den Vorschlag rundweg ab. „So ein Tag würde nur als künstlich aufgepfropft empfunden“, sagte Arnold. Und er halte es für „undenkbar“, das Veteranengedenken wie von de Maizière als Idee eingebracht, auf den Volkstrauertag zu legen. „Denn der Tag hat eine Tradition, die in hohem Maße mit unserer unsäglichen Geschichte verknüpft ist.“ Die Nationalsozialisten hatten den Volkstrauertag 1934 in Heldengedenktag umbenannt. Arnold sagte: „Die Bundeswehr ist aber kein Teil dieser Tradition und sollte auch an keiner Stelle den Eindruck erwecken.“

Der Verteidigungsexperte der Grünen im Bundestag, Omid Nouripour, sagte dem Tagesspiegel, eine solche Initiative dürfe nicht von oben, sondern müsse von unten, von den Betroffenen und ihren Verbänden angestoßen und dann gesellschaftlich diskutiert werden.

Der Minister hatte am Vortag auf seiner USA-Reise angekündigt, einen möglichst breiten Konsens für ein Veteranenkonzept herzustellen. „Im Streit hat das gar keinen Zweck“, betonte er. „Es muss ein gesellschaftlicher Ansatz sein.“ Es gibt zwei Veteranenverbände in Deutschland. „Denen alleine möchte ich aber weder den Begriff noch die Politik überlassen“, sagte de Maizière. Klar ist: Die Begrifflichkeit, die so gestrig wirkt, ist dabei von der Sache her hochaktell: Deutsche Soldaten kämpfen, schießen und werden beschossen, töten und werden getötet, sie machen Kriegserfahrungen in Auslandseinsätzen wie in Afghanistan. Doch braucht es einen Veteranentag? Noch weiß der Minister selbst nicht, wer eigentlich als Veteran gelten soll: Jeder, der die Armee verlasse, wie in Kanada? Jeder, der im Kampfeinsatz war, wie in skandinavischen Ländern? Mehr als 100.000 deutsche Soldaten haben seit 2001 in Afghanistan Dienst getan, in allen Auslandseinsätzen zusammen sind es mehr als 315.000.

Der Wehrbeauftragte Hellmut Königshaus nahm de Maizières Vorschlag auf, wandelte ihn jedoch in seinem Sinne ab: Man solle doch den Veteranentag nutzen, um an den „schwarzen Karfreitag“ für die Bundeswehr vor zwei Jahren zu erinnern. Am 2. April 2010 war eine Bundeswehr-Patrouille bei Kundus von den Taliban angegriffen und in ein stundenlanges Gefecht verwickelt worden. Drei deutsche Soldaten wurden getötet. „Das war der Moment, wo die deutsche Öffentlichkeit auf dieses Thema reagiert hat“, ein Veteranentag „in der Karwoche oder am 2. April wäre daher eine Idee.“ Eine Verbindung mit dem Volkstrauertag lehnt Königshaus ab. „Der Volkstrauertag ist wirklich den Gefallenen gewidmet“, sagte Königshaus

Noch unklar ist, was einen Veteranentag eigentlich inhaltlich bestimmen könnte. Soll er an erlittenes Leid erinnern? Den Stolz auf die Armee dokumentieren? Der Bundeswehr insgesamt und den Soldaten überhaupt mehr Anerkennung verschaffen? De Maizière weiß um das Heikle seines Vorschlags, findet aber: „Es ist überfällig, wir haben uns davor gedrückt.“ Am Ende könne sich aber auch herausstellen, dass ein solcher Tag für Deutschland „zu künstlich“ sei. (mit dpa/rtr)

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