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Militärfahrzeuge werden für den Patriot-Einsatz in der Türkei verladen.

© REUTERS

Bundeswehr: Auf Abruf

„Patriot“-Einsatz: Die Bundeswehr will Spezialisten für Chemiewaffenangriff nur im Ernstfall in die Türkei einfliegen lassen.

Die künftig an der Grenze zu Syrien stationierten „Patriot“-Einheiten der Bundeswehr sind nur unzureichend gegen Angriffe mit chemischen Waffen gesichert. Zwar schicken die deutschen Streitkräfte neben den Abwehrraketen auch sogenannte Spürpanzer zur Abwehr von atomaren, biologischen und chemischen Waffen in die Türkei. Allerdings sehen die Pläne des Verteidigungsministeriums nach Informationen des Tagesspiegels offenbar vor, das für den Betrieb der Fahrzeuge notwendige Personal erst nach einer entsprechenden Attacke aus Deutschland einfliegen zu lassen.

In einem solchen Fall sollen Soldaten des ABC-Abwehrbataillons 7 in Höxter und der ABC- und Selbstschutzschule Sonthofen zum Einsatz kommen und die Kollegen der entsendeten deutschen Patriot-Einheiten schützen. Die Spezialisten können mit ihren Spürpanzern „Fuchs“ biologisch oder chemisch kontaminiertes Gelände erkennen und auch Boden- sowie Luftproben entnehmen. Die Soldaten der Spezialeinheiten haben neben ihrer militärischen Ausbildung vor allem auch chemische Kenntnisse, sind von ihrer zivilen Berufsbezeichnung her Chemiker oder Chemielaboranten.

Lediglich drei Soldaten aus dem ABC-Abwehrbataillon sind bereits am Dienstag mit einem insgesamt 20 Personen starken Vorauskommando der Bundeswehr in die Türkei gereist. Doch das reicht bei Weitem nicht aus, sagt der Vorsitzende des Deutschen Bundeswehrverbandes, Ulrich Kirsch. „Die deutschen Soldaten sind beim Türkei-Einsatz meiner Ansicht nach nicht ausreichend vor Angriffen mit chemischen Kampfstoffen geschützt“, sagt der Oberst und ABC-Abwehrspezialist. „Nach einem Angriff mit chemischen Kampfstoffen muss schnell gehandelt werden – im ungünstigsten Fall in nur sechs Stunden. „Das ist zu wenig Zeit, um die Spezialisten an den Einsatzort zu bringen.“

Die Bundeswehr hatte am Dienstag im Hafen von Lübeck-Travemünde mit der Verschiffung von Patriot-Raketen und Begleitmaterial für den Einsatz in der Türkei begonnen. Mit an Bord der dafür gecharterten Fähre „Suecia Seaways“: 300 Fahrzeuge, darunter auch mehrere ABC-Spürpanzer vom Typ „Fuchs“ und zwei mobile Anlagen zur Dekontaminierung von Personal und Material. Nach Angaben der Bundeswehr verfügen innerhalb der Nato nur wenige Armeen über Spürpanzer wie den „Fuchs“. Die geschützten Spezialfahrzeuge sind in der Regel mit zwei bis vier Soldaten besetzt und haben am Heck einen Greifarm, der es den Insassen erlaubt, Boden- oder Wasserproben zu entnehmen und zu transportieren, ohne aus dem Panzer auszusteigen und mit dem Material in Berührung zu kommen. Sensoren an der Außenhaut des Vehikels können 400 verschiedene Chemikalien und Kampfstoffe bei einer Konzentration von weniger als einem Milliardstel Gramm innerhalb von 30 Sekunden erkennen.

Syrien besitzt nach Einschätzung der Organisation für das Verbot chemischer Waffen (OPCW) mehr als 1000 Tonnen an chemischen Kampfstoffen und Trägersysteme, die diese transportieren können. Darunter sind Stoffe wie Sarin, Senfgas und das Nervengas VX. Die OPCW ist eine überstaatliche Organisation mit der Aufgabe, die Einhaltung der Chemiewaffenkonvention zum Verbot der Waffen aus dem Jahr 1992 zu überwachen. Der Konvention gehören 188 Staaten an – Syrien hat sie nicht ratifiziert.

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