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Politik: Bundeswehr: Auf Nummer sicher

Wenn ein Minister sein eigenes Werk als "Meilenstein" lobt, ist meist Misstrauen angebracht. In einem hat Verteidigungsminister Rudolf Scharping (SPD) aber recht: "Die Menschen messen den politischen Erfolg an eingetretenen Ereignissen.

Von Robert Birnbaum

Wenn ein Minister sein eigenes Werk als "Meilenstein" lobt, ist meist Misstrauen angebracht. In einem hat Verteidigungsminister Rudolf Scharping (SPD) aber recht: "Die Menschen messen den politischen Erfolg an eingetretenen Ereignissen." Darum ist das Attraktivitätsprogramm für die Bundeswehr, das das Kabinett am Mittwoch billigte, so etwas wie der psychologische Dreh- und Angelpunkt der Bundeswehrreform: Besoldung, Aufstiegschancen, Berufsausbildung, soziale Absicherung - für Soldaten und Zivilbeschäftigte Fragen, die sich viel deutlicher auf Motivation und Nachwuchs-Gewinnung auswirken als jede noch so große Revolution im Beschaffungswesen.

Das Gesetzespaket umfasst drei große Komplexe. Das eine betrifft die Wehrpflichtigen. Ihr Grundwehrdienst wird ab Januar 2002 von zehn auf neun Monate verkürzt, analog dauert der Zivildienst statt elf nur noch zehn Monate. Neu ist die Möglichkeit, den Grundwehrdienst in mehreren Abschnitten abzuleisten - eine sechsmonatige Grundausbildung plus zwei mal sechs Wochen im Lauf der nächsten zweieinhalb Jahre.

Deutlich attraktiver werden soll es zugleich, sich freiwillig auf bis zu 23 Monate länger zu verpflichten. Gab es bisher für jeden über die Pflicht hinaus gedienten Tag einheitlich 40 Mark mehr, steigt der Satz künftig auf bis zu 48 Mark. Die Großzügigkeit soll sich für Scharping langfristig auszahlen: Derzeit rekrutiert die Bundeswehr gut die Hälfte ihrer Berufs- und Zeitsoldaten aus dem Kreis der Wehrpflichtigen, künftig müssen es noch mehr Profis werden.

Auf diese Profis zielt der zweite Teil des Pakets. Bis 2006 sollen bis zu 3000 Berufssoldaten ab dem 50. Lebensjahr in den Vorruhestand gehen - und das praktisch ohne Abschläge bei der Altersversorgung: Wer früher ausscheidet, bekommt ein Ruhegehalt, als wäre er bis zur Pensionsgrenze weiter befördert worden.

Scharping will durch die Frühpensionierung die Karriere-Staus bei Unteroffizieren und Offizieren auflösen. In die gleiche Richtung zielt eine Neuordnung der Laufbahngruppen. Auch für die Profis gibt es zudem mehr Geld: Zeitsoldaten steigen künftig mit A 3 statt A 1 ein, also etwa 2800 Mark brutto; Kompaniechefs klettern mindestens in die Gehaltsgruppe A 12.

Drittes Element der Reform ist der schon am 18. Juli unterzeichnete Tarifvertrag für die Zivilbediensteten - die Bundeswehr ist das "sozial sicherste Unternehmen in Deutschland", sagt Scharping. Lediglich die Einigung zwischen Finanz- und Innenminister und den Gewerkschaften sei "ärgerlich" spät gekommen. Tatsächlich sollte das zivile wie das militärische Attraktivitätsprogramm schon vor einem halben Jahr stehen.

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