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Bundeswehr: „Bereiten Sie die Soldaten vor, dass sie ihr Leben verlieren können“

Der Chef der norwegischen Quick Reaction Force in Afghanistans Norden rät den Deutschen, ihre Truppen in Hinblick auf die kommende Aufgabe mental gut zu schulen. Es müsse klar sein, dass eventuell Menschen getötet werden.

Die Botschaft ist deutlich, und sie wird manchem Deutschen in die Glieder fahren. Der norwegische Kommandeur der Quick Reaction Force (QRF) im nordafghanischen Mazar-i-Scharif, deren Aufgaben die Bundeswehr wohl im Sommer übernehmen wird, nimmt kein Blatt vor den Mund, was dieser Schritt bedeutet: „Nur Frieden sichern, diese Zeit ist jetzt vorbei“, sagte Oberstleutnant Rune Solberg am Freitag dem Tagesspiegel. „Hier geht es um einen sehr offensiven Ansatz, nicht um Reaktion.“ Die Deutschen seien allemal in der Lage, die Aufgabe zu übernehmen, aber sie müssten jetzt „ihre Soldaten mental darauf vorbereiten, Krieg zu führen, anderen Verluste beizubringen“, vor allem aber: „Sie müssen ihre Soldaten darauf vorbereiten, dass sie ihr Leben verlieren können.“ Es sei wichtig, sich geistig darauf vorzubereiten. Seine eigene Truppe sei in einer ähnlichen Lage gewesen wie die Deutschen, der erste Kampfeinsatz seit dem Zweiten Weltkrieg, sagt Solberg. Sie seien voll trainiert, aber die mentale Vorbereitung habe gefehlt. Solberg sagt dies, obgleich er in der glücklichen Lage ist, dass er „keinen einzigen Mann verloren“ hat, „nicht einmal einer verwundet“ wurde.

Wichtig sei auch der Rückhalt von Armee und Regierung daheim. „Wenn ich die Unterstützung Norwegens verlieren würde, hätte ich ein großes Problem.“ Dazu gehöre auch, dass klar sein müsse, dass man eventuell Menschen töten müsse. „Die deutsche Regierung sollte jetzt anfangen, das den Menschen zu erklären“, empfiehlt Solberg. „Die Bevölkerung muss hinter dem Einsatz stehen.“Das hört sich martialisch an, dabei musste das QRF seit Juli nur einmal als QRF rasch zur Hilfe eilen. Allerdings bedeutete dieser Einsatz schwerste Gefechte. Seine Truppe habe die besseren Waffen gehabt.

Er beschreibt die QRF als konventionelle Truppe. „Wir sind keine Spezialeinheit, aber wir sind sehr gut trainiert, sehr mobil – und vielfältig ausgerüstet. Die QRF ist wie ein Werkzeugkasten, wir sind relativ klein, aber sehr komplex. Und wir haben alles: Normale Schützen, Panzerabwehr, Flugabwehr, Scharfschützen, Ingenieure, Mediziner, Hunde, leichte und schwere bewaffnete Fahrzeuge.“ Innerhalb von 60 Minuten muss seine Truppe (235 Mann gehören dazu) ausrücken. Die meiste Zeit aber arbeitete die Truppe nicht als QRF, trotz der sich eindeutig verschlechternden Lage. „Wir würden nur auf unserm Hintern sitzen, wenn wir auf einen Alarm warten würden.“ Seine Leute seien ständig in Abstimmung mit den Deutschen (die er sehr lobt), und mit der afghanischen Armee unterwegs.

Solberg wünscht sich zudem eine bessere Zusammenarbeit zwischen Militär und zivilen Aufbauhelfern. „Wir sind sehr schnell, die Zivilisten brauchen oft Monate, um Geld und Leute zu bekommen. Dann ist aber mancherorts der militärische Erfolg schon wieder dahin.“ Also mehr Soldaten oder Zivilisten schneller an die Front? „Vielleicht muss das Militär auch manche Aktion später beginnen.“

Auf jeden Fall müsse der Kampf gegen Aufständische im Norden intensiv geführt werden. „Wenn die Aufständischen sich dort festsetzen können, muss die Nato auch im Norden Krieg führen. Ich kann nicht erkennen, dass die Nato dafür Truppen bereitstellen könnte.“

Die Norweger ziehen im Sommer übrigens nicht aus Afghanistan ab. Zum Leidwesen Solbergs wird die Stärke des QRF halbiert, der Rest übernimmt die Sicherung eines norwegischen Kontingents.

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