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Bundeswehr: Bundestag weitet Afghanistan-Einsatz aus

Der Bundestag hat den gefährlichen Afghanistan-Einsatz der Bundeswehr in großer Eintracht ausgeweitet und um ein Jahr verlängert. Unterdessen wurden bei einem Selbstmordanschlag in Kabul mindestens neun Menschen getötet.

Berlin (28.09.2005, 18:01 Uhr) - Verteidigungsminister Peter Struck (SPD) und Außenminister Joschka Fischer (Grüne) sowie Redner von Union und FDP betonten in der letzten Sitzung des alten Bundestags am Mittwoch, ohne die internationalen Schutztruppe Isaf und die Beteiligung deutscher Soldaten liefe Afghanistan Gefahr, wieder zu einer Brutstätte für Terrorismus werden.

Nach dem neuen Mandat wird die Bundeswehr als bereits größte Truppenstellerin der Isaf die Zahl ihrer Soldaten von 2250 auf 3000 erhöhen und an einem weiteren Standort die Arbeit der Wiederaufbauteams im Norden des Landes koordinieren. Ferner können deutsche Soldaten bald im ganzen Land - auch im bisher von den USA überwachten unsicheren Osten - eingesetzt werden, wenn die Isaf dort Truppen stationiert hat. Das bis zum 13. Oktober laufende Mandat wurde um ein Jahr verlängert. Die Kosten betragen 319 Millionen Euro.

535 Abgeordnete stimmten für diese Ausdehnung des Einsatzes unter Nato-Dach, 14 dagegen, vier enthielten sich. Unter den Gegnern ist auch der Grünen-Politiker Hans-Christian Ströbele sowie die beiden Abgeordneten der Linkspartei, Gesine Lötzsch und Petra Pau. Letztere warf der noch amtierenden rot-grünen Koalition vor, weiter auf dem «Kriegspfad» zu bleiben. Ströbele sagte, für die Mission sei keine Ausstiegsstrategie, sondern vielmehr eine weitere «Eskalation der Bundeswehreinsätze in Afghanistan» in Sicht.

Fischer sagte in seiner letzten Bundestagsrede in dieser Funktion, die Ausdehnung des Einsatzes sei nicht Ausdruck einer Krise. «Es ist das Gegenteil.» Das hätten die ersten Parlamentswahlen in Afghanistan seit 36 Jahren gezeigt. Den Grünen zufolge wäre ein Abzug der Bundeswehr als größte und in der afghanischen Bevölkerung besonders angesehene Truppe ein Rückschlag für die Handlungsfähigkeit der Isaf und damit auch der UN. Auch Entwicklungshilfeministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul (SPD) sagte: «Wer diesen Einsatz ablehnt, nimmt einen Rückfall in alte, schreckliche Zeiten in Kauf.»

Die Sondersitzung war nötig geworden, weil die Vereinten Nationen ihr Mandat für die Isaf erst nach der letzten regulären Sitzung des alten Bundestags verlängert hatten. Die Bundeswehr wird künftig neben ihren bereits bestehenden Standorten der Wiederaufbauteams (PRT) in Kundus und Feisabad im Norden Afghanistans einen weiteren Stützpunkt in Masar-i-Sharif mit rund 300 Soldaten einrichten. Von dort aus sollen die PRT koordiniert werden. An der Drogenbekämpfung sollen sich die deutschen Streitkräfte weiterhin nicht beteiligen. Allerdings sagte Struck: «Der Drogenhandel bleibt ein Riesenproblem.»

Die Vorsitzenden der künftigen Linkspartei-Fraktion, Gregor Gysi und Oskar Lafontaine, sprachen von einer geplanten Verknüpfung von Isaf mit dem «völkerrechtswidrigen Kriegseinsatz der USA in Afghanistan». Die USA führt mit 18.000 eigenen Soldaten den Anti-Terror-Kampf «Enduring Freedom» (OEF) in Afghanistan, an dem auch einige deutsche Elite-Soldaten beteiligt sind. Rechtsgrundlage für «Enduring Freedom» ist eine Resolution des UN-Sicherheitsrates vom September 2001, in der die Terroranschläge auf die USA als Bedrohung der internationalen Sicherheit verurteilt werden. Struck lehnte Pläne in der Nato erneut entschieden ab, Isaf und OEF zusammenzulegen.

Mindestens neun Tote bei Anschlag in Kabul

Bei einem Bombenanschlag in der afghanischen Hauptstadt Kabul wurden am Mittwoch neun Menschen getötet und 28 weitere verletzt. Nach ersten Ermittlungen des afghanischen Militärs sprengte sich ein Selbstmordattentäter vor einem ehemaligen Ausbildungszentrum der afghanischen Armee in die Luft. Der Attentäter habe die Bombe an seinem Motorrad versteckt gehabt, sagte ein Sprecher des Verteidigungsministeriums. Zunächst hatte es geheißen, ein Minibus sei explodiert.

Zu der Bluttat bekannten sich die radikalislamischen Taliban. Ihr selbst ernannter Sprecher Latifullah Hakimi erklärte: «Ich bestätigte, dass Mullah Sardar Mohammed, einer der Mudschaheddin (islamischen Kämpfer), einen Selbstmordanschlag auf afghanische Soldaten verübt hat.» Der afghanische Präsident Hamid Karsai verurteilte den Anschlag scharf.

Das Einsatzführungskommando der Bundeswehr in Potsdam teilte mit, unter den Opfern seien keine deutschen Soldaten und keine Mitglieder der Brigade der internationalen Schutztruppe Isaf. Ein Sprecher sagte, ersten Informationen zufolge seien zwei Busse explodiert. Isaf-Soldaten seien nicht in unmittelbarer Nähe gewesen. (tso/dpa)

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