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Jung

© dpa

Bundeswehr-Einsatz: Was plant Deutschland in Afghanistan?

Wird Deutschland künftig deutlich mehr Truppen für den Nato-Einsatz in Afghanistan stellen? Mit einem stärkeren Engagement könnte die Regierung Forderungen nach einem deutschen Einsatz im gefährlichen Süden abwehren.

In der Bundesregierung wird offenbar an einem neuen Mandat für die Operation am Hindukusch gearbeitet. Die Rede ist von 1000 zusätzlichen Bundeswehrsoldaten. Der Bundestag, der darüber spätestens im Oktober abstimmt, billigt bisher den Einsatz von höchstens 3500 Mann.

Geht es nach Planungen im Verteidigungsministerium, über die zunächst "Der Spiegel" berichtet hatte, sollte die Obergrenze im besten Fall auf 5000 bis 6000 Soldaten aufgestockt werden. Dies ist aber vermutlich politisch nicht durchsetzbar. Eine Anhebung auf mindestens 4500 sei nötig, um mehr Handlungsspielraum zu haben. Außerdem soll es die Überlegung geben, das Einsatzgebiet im Norden um eine Provinz im Westen Afghanistans auszudehnen. Es sei außerdem sinnvoll, dass der Bundestag das Mandat für den Einsatz künftig nicht mehr um ein, sondern um möglichst zwei Jahre verlängert.

Steinmeier dementiert Pläne über Anhebung auf 4500 Soldaten

Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) zeigte sich verärgert: Bei den genannten 4500 Soldaten als künftige Obergrenze handelt es sich um eine "erfundene Zahl", sagte er dem Tagesspiegel. Dass es solche Pläne gebe, sei Unsinn. Allerdings schloss er nicht aus, dass in Zukunft eventuell die Zahl erhöht wird.

Verteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) sagte dazu auf der Münchner Sicherheitskonferenz: "Ich bitte Sie um Verständnis, dass ich über zukünftige Mandate keine Ausführungen mache." In der ARD ergänzte er am Abend, dass das aktuelle Mandat bis Oktober gilt. "Was im Herbst ist, das kann ich jetzt nicht sagen. Deshalb will ich dazu auch jetzt keine Ausführungen machen, sondern das kommt dann auf die konkrete Situation an."

Demonstration gegen Sicherheitskonferenz

In München kamen zu dem bis Sonntag dauernden Treffen 350 Spitzenpolitiker und hochrangige Militärs zusammen, um auch über nukleare Abrüstung zu beraten. Bis zum Abend demonstrierten mehrere tausend Menschen weitgehend friedlich gegen die Konferenz. Die Polizei sprach von einem nahezu störungsfreien Ablauf der Proteste, es gab lediglich 17 Festnahmen. Ein Polizeisprecher schätzte die Zahl der Protestierenden auf rund 3000, die Veranstalter sprachen von rund 7000 Demonstranten. Neben 3700 Polizisten sollen 110 bewaffnete Bundeswehr-Soldaten die Konferenzteilnehmer schützen.

Außenminister Steinmeier rief die USA zu Fairness im Streit über die Lastenverteilung auf. "Wir lösen unsere Versprechen gegenüber Afghanistan ein und leisten - im Vergleich zu anderen - sehr viel, zivil wie militärisch", sagte er. Es sei nicht sinnvoll, die gute Arbeit der Deutschen im Norden dadurch zu gefährden, "dass wir uns über das Land verstreuen".

Jung: USA üben keinen Druck auf Deutschland aus

Jung erklärte in der ARD nach einem Treffen mit seinem US-Kollegen Robert Gates, das Gespräch sei "in ganz hervorragender Atmosphäre verlaufen". Es wurde kein Druck auf Deutschland ausgeübt. Von US-Seite werde "sehr akzeptiert", welchen Beitrag Deutschland in Afghanistan leistet.

Jung zeigte sich offen für eine Verlängerung der bislang auf ein Jahr beschränkten Mandatsdauer. Zwar ist der Bundestag zuständig, die Bundesregierung wird aber bis Oktober auch einen Vorschlag machen. Sicherheitspolitik sei "nicht unbedingt ein Thema, das in Wahlkampfauseinandersetzungen hineingezogen werden sollte". Zuvor hatten sich Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) und Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) ähnlich geäußert. Die nächste Bundestagswahl ist voraussichtlich im Herbst 2009. Jeweils im Oktober steht auch die nächste Mandatsverlängerung an.

Erdogan sieht Türkei in einer Schlüsselrolle

Auch angesichts der schwierigen Sicherheitslage in Afghanistan präsentierte der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan zum Auftakt der Konferenz sein Land als eine politische und militärische Größe, der eine Schlüsselrolle zukomme. Es sei auch deshalb unabdingbar, mit der Türkei faire Verhandlungen über einen EU-Beitritt zu führen. Scharf reagierte Erdogan auf Fragen zur Integrationsfähigkeit der Muslime in der EU. Man könne nicht von Freiheit des Gewissens und der Glaubensfreiheit reden und dann solche Fragen stellen. "Wenn die EU ein Christen-Club ist, darf man nicht von einer Allianz der Kulturen sprechen", sagte Erdogan.

In der Debatte über Abrüstungsfragen warnten Steinmeier und der Chef der Atomenergiebehörde IAEO, Mohammed al Baradei, vor einem neuen atomaren Wettrüsten. Atommächte wie die USA und Russland sind dringend aufgerufen, eine Führungsrolle bei der Abrüstung zu übernehmen, sagte Steinmeier. Die Zahl der Staaten, die Atomwaffen oder die Technologie zum Bau dieser Waffen haben, steigt.

Atom-Schmuggel weit verbreitet

Jedes Land mit einer mittleren Industrie-Infrastruktur ist in der Lage, Atomwaffen zu entwicklen, sagte Al Baradei. Es hat in jüngster Zeit weltweit 150 Fälle von Atom-Schmuggel gegeben. "Gott sei Dank war nichts davon waffentauglich."

Im Streit um das iranische Atomprogramm warnt der deutsche Außenminister die Staatengemeinschaft davor, den Druck auf die Führung in Teheran zu verringern. Iran müsse die bestehenden Befürchtungen "glasklar" entkräften. Er plädiert für eine enge Kooperation mit Russland. (smz/dpa/AFP)

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