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Bundeswehr

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Bundeswehr: Gutachten: Afghanistan-Einsatz durchgängig mangelhaft

Deutschland Organisationsweltmeister? Ein Gutachten zum Afghanistan-Einsatz der Bundeswehr sieht das anders. Demnach haben die Soldaten am Hindukusch mit bizarrer Bürokratie und inkompetenter Führung zu kämpfen. Auch in anderen Bereichen kommt die Militärspitze äußerst schlecht weg.

Die Auslandseinsätze der Bundeswehr sind einem internen Gutachten des Verteidigungsministeriums zufolge dramatisch schlecht organisiert. Die Einsätze litten von der Basis bis zur Militärspitze unter unsachgemäßer Führung, berichtete die Wochenzeitung "Die Zeit" vorab unter Berufung auf den 55 Seiten starken Bericht. Eine Expertengruppe aus hochrangigen ehemaligen Generälen habe eine Vielzahl von gravierenden Organisationsmängeln geschildert. So leide die Bundeswehr unter einem Mangel an abgestimmter Führung, fehlender strategischer Planung, teilweise bizarrer Bürokratie und einer Kontrollwut des Berliner Ministeriums.

Zudem operiere die Elite-Einheit Kommando Spezialkräfte (KSK) weitgehend an der Einsatzzentrale in Potsdam vorbei, hieß es in der "Zeit" weiter. Dieses Eigenleben der KSK berge "große Risiken für die Sicherheit im gesamten Operationsgebiet und für Leib und Leben der dort eingesetzten Soldaten", zitierte die Zeitung aus dem Bericht. Der Wehrbeauftragte des Bundestags, Reinhold Robbe (SPD), bestätigte die Eindrücke der Generäle. "Vieles ist sehr zutreffend beschrieben. Ich hätte manches genauso formuliert", sagte er der "Zeit". Nach seiner Auffassung fehle es vor allem an einer ressortübergreifenden Strategieplanung für die Auslandseinsätze der Bundeswehr.

Bundeswehr plant Entsendung von Kampftruppen

Der Sprecher des Bundesverteidigungsministeriums, Thomas Raabe, sagte in Berlin, der "Zeit"-Bericht scheine ihm "überzeichnet". Er räumte mit Blick auf die Auslandseinsätze aber ein, dass ein neuer Einsatzstab eingerichtet werden solle und dass "Optimierungsbedarf" bestehe. Er bestätigte, dass es eine Arbeitsgruppe unter Leitung des ehemaligen Oberbefehlshabers der Afghanistan-Schutztruppe, Norbert van Heyst, gegeben habe. Der Bericht sei Mitte vergangenen Jahres vorgelegt worden und werde "sehr genau ausgewertet".

Unterdessen plant die Bundesregierung offenbar die Entsendung von 250 weiteren Soldaten nach Afghanistan, die nicht als "Stabilisierungstruppen" eingesetzt werden, sondern "Jagd auf Terroristen" machen sollen. Der verteidigungspolitische Sprecher der SPD, Rainer Arnold, bezeichnete den Schritt als "neue Qualität" im Engagement der Bundeswehr am Hindukusch.

Ausrüstung zu schwer und sperrig

Vor Monaten waren bereits Mängel an der 20.000 Euro teuren Ausstattung der Soldaten namens "Infanterist der Zukunft" öffentlich geworden. Die Ausrüstung sei viel zu schwer, hieß es damals, was "Beweglichkeit" und "Leistungsfähigkeit" der Soldaten "insbesondere bei großer Hitze" zu sehr einschränke. Die Weste wiederum sei demnach viel zu sperrig, so dass die Soldaten in "äußerst unbequemer Sitzhaltung" in den Geländewagen kauern müssten. Die Schutzbrille sei "nicht nutzbar", da sie schon "bei geringem Schwitzen" anlaufe und "kaum Schutz gegen Fahrtwind" biete. (mit dpa/AFP)

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