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Politik: Bundeswehr: Preisdiktat für Kantinenpächter bei der Truppe

Eigentlich hatte Bundesverteidigungsminister Rudolf Scharping (SPD) gerade so richtig angefangen, Teile der Bundeswehr zu privatisieren, um sie wirtschaftlicher zu machen. Jetzt bremst eine Erbschaft seines Vorgängers das Tempo etwas, denn Scharping muss sich mit der Frage plagen, ob die Privatisierung von Kantinen der Truppe rückgängig gemacht werden muss.

Eigentlich hatte Bundesverteidigungsminister Rudolf Scharping (SPD) gerade so richtig angefangen, Teile der Bundeswehr zu privatisieren, um sie wirtschaftlicher zu machen. Jetzt bremst eine Erbschaft seines Vorgängers das Tempo etwas, denn Scharping muss sich mit der Frage plagen, ob die Privatisierung von Kantinen der Truppe rückgängig gemacht werden muss.

Die Vorgeschichte: Scharpings Vorgänger Volker Rühe (CDU) privatisierte 1995 die Kantinenbetreiberin Heimbetriebsgesellschaft (HBG). Sie wurde in eine Kommanditgesellschaft umgewandelt, die Pächter wurden Gesellschafter. Der Hauptpersonalrat beim Bundesverteidigungsministerium fühlte sich allerdings übergangen und klagte seine Mitbestimmungsrechte ein. Erst in dritter Instanz bekam er Recht: Das Bundesverwaltungsgericht stellte im November 1998 fest, dass der Vorgang mitbestimmungspflichtig war.

Nun gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder wird der Vertrag der Kantinenbetreiber mit dem Verteidigungsministerium für die Zukunft so geändert, dass den Mitbestimmungserfordernissen Genüge getan ist. Oder, diese Möglichkeit schließt das Bundesverwaltungsgericht in seinem Beschluss (Az.: 6 P 1.98) nicht aus, die Privatisierung könnte rückgängig gemacht werden.

Das allerdings hat Scharping schon als völlig ausgeschlossen abgelehnt. Statt dessen haben sich sein Ministerium und der Personalrat auf einen neuen Vertrag geeinigt. Mit den Vertragspartnern, den Kantinenpächtern, wurde aber nicht gesprochen. Sie sind entsetzt über den Inhalt des Vertragsentwurfs aus Scharpings Ministerium. Aus dem Entwurf, der dem Tagesspiegel zum Teil vorliegt, geht hervor, dass die Kantinenbetreiber ihr Sortiment und die Preise in viel größerem Umfang als bisher genehmigen lassen müssen. Umfang und Höchstpreise des so genannten Grundsortiments müssten danach vom Ministerium abgesegnet und mit dem Gesamtvertrauenspersonenausschuss und dem Hauptpersonalrat abgestimmt werden. Das übrige Sortiment muss die Standortverwaltung genehmigen. Selbst Sonderaktionen wie eine Spargelwoche wären vorher anzumelden. "Das ist totale Knebelung", klagt HBG-Geschäftsführer Bernd Wiechert. "Damit schafft Scharping 400 Knebelverträge für die Pächter".

Vorgesehen ist auch ein umfassendes Weisungsrecht des Ministeriums. "Das kann auch bedeuten, dass wir Mitarbeiter entlassen müssen, wenn wir dazu angewiesen werden", sagt Wiechert. "So umfassende Weisungsrechte hat der Staat nicht einmal gegenüber Beamten." Wird eine Weisung nicht befolgt, kann das Ministerium bis zu 25 000 Euro Vertragsstrafe verhängen.

Der CDU-Bundestagsabgeordnete Dietrich Austermann kritisierte die geplanten Neuerungen. "Die HBG behält das Risiko, muss sich aber Preise und Konditionen diktieren lassen. Das sind keine fairen Bedingungen." Austermann forderte Scharping auf, für den Erhalt des Ist-Zustands einzutreten. Die Betriebe der HBG seien durch die Verkleinerung der Bundeswehr ohnehin schon benachteiligt.

Der Haushaltsausschuss des Bundestages forderte das Verteidigungsministerium mittlerweile auf, Alternativen zu dem Vertragsentwurf vorzulegen. Die Kantinenpächter hoffen auf einen Schlichter.

"Eine Rückkehr zum Staatsbetrieb wäre immer noch besser als das hier", klagt der Vorsitzende des Bundesverbands der Kantinenpächter, Rolf Häußler. "Was hier entstehen soll, ist nichts anderes als ein Staatsbetrieb, nur dass das finanzielle Risiko nicht mehr, wie früher, beim Staat liegt."

Fatina Keilani

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