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Bundeswehr: Scheinhinrichtung mit afghanischem Jungen?

Der Skandal um Bundeswehr-Fotos in Afghanistan weitet sich möglicherweise aus: Deutsche Soldaten sollen vor vier Jahren einen afghanischen Jungen mit einer Scheinhinrichtung gepeinigt und dies fotografiert haben.

Berlin - Die Zeitung "Berliner Morgenpost" beruft sich auf die Aussagen eines Berliner Unteroffiziers, der damals als Mitglied einer Versorgungseinheit in Afghanistan gewesen sei. Ein Sprecher des Bundesverteidigungsministeriums forderte "umgehend die notwendigen Beweise, damit wir den Vorwürfen schnell und gründlich nachgehen können". Auch der sicherheitspolitische Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion, Winfried Nachtwei, forderte eine rasche Überprüfung.

Der Berliner Unteroffizier berichtete laut "Berliner Morgenpost", wie ein Soldat während einer Patrouillenfahrt in Kabul einen kleinen Jungen zu sich gerufen, ihn in den Schwitzkasten genommen und ihm eine geladene Waffe an den Kopf gedrückt habe. Vier bis fünf Soldaten hätten mit ihren Digitalkameras Bilder gemacht. "Der Junge hatte unglaubliche Angst, bis er bemerkt hat, dass er nicht wirklich erschossen wird", zitiert die Zeitung den Unteroffizier weiter. Bis auf eine Ausnahme hätten sich die Soldaten über die Scheinhinrichtung amüsiert. Hinterher sei dem Jungen ein Dollar "als Lohn" in die Hand gedrückt worden.

Eine neue Qualität

Nachtwei bezeichnete die Vorwürfe im Inforadio vom RBB als "sehr beunruhigend". Sollten sie sich bestätigen, "hätte das eine andere Qualität, als diese makabren, obszönen Spiele mit Skelettteilen. Denn hier wäre ein Kind gequält worden und dies widerspricht diametral dem Auftrag der Bundeswehr."

Ermittlungen und Sanktionen seien nun das unmittelbar Notwendige, forderte Nachtwei. Die Politik müsse sich aber auch fragen, ob sie die Bedingungen bei Auslandseinsätzen ausreichend kenne und ob sie die Mittel habe, um das Verhalten der Soldaten ausreichend zu verfolgen. Die Soldaten in Afghanistan seien inzwischen erheblich besser vorbereitet, betonte der Grünen-Politiker. Der Vorfall aus dem Jahr 2002 falle in die Anfangsphase des Einsatzes.

Die Bundeswehr in Afghanistan steht derzeit heftig in der Kritik, weil Fotos veröffentlicht wurden, die deutsche Soldaten unter anderem mit Totenschädeln zeigen. Sechs Soldaten wurden deshalb bislang vom Dienst suspendiert. (tso/AFP)

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