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Bundeswehr: Streit um Kompetenzen bei Geiselbefreiungen im Ausland

Auch nach einem erneuten Vorstoß von Verteidigungsminister Franz Josef Jung bleibt die Union mit ihren Plänen zur Ausweitung der Bundeswehrkompetenzen isoliert.

Berlin - SPD und Opposition lehnten am Montag eine Grundgesetzänderung ab, die Jung unter anderem für Geiselbefreiungen im Ausland – wie im Fall der „Hansa Stavanger“ – am Wochenende gefordert hatte.

Grundsätzlich sind Geiselbefreiungen im Ausland eine Sache der Grenzschutzgruppe GSG 9 der Bundespolizei, für deren Einsatz, anders als im Falle der Bundeswehr, kein Bundestagsmandat nötig ist. Diese 1972 nach dem Überfall eines palästinensischen Terrorkommandos auf die israelische Olympiamannschaft in München gegründete Polizei-Spezialtruppe stand auch im Mai 2009 bereit, um das vor der somalischen Küste entführte deutsche Containerschiff „Hansa Stavanger“ zu befreien. Die Aktion wurde jedoch gestoppt – wegen des zu hohen Risikos für das Leben der Geiseln, wie es offiziell hieß. Soll hingegen das Militär zu einer Geiselbefreiung im Ausland eingesetzt werden, fällt das in die Zuständigkeit des 1996 geschaffenen Kommandos Spezialkräfte (KSK), das dazu vom Parlament beauftragt werden muss.

Nach Angaben eines Sprechers von Franz Josef Jung geht es dem Minister in der aktuellen Diskussion um die Beseitigung einer „rechtlichen Unklarheit“. Die Bundeswehr, und mithin das KSK, kann laut Grundgesetz nur zur Landesverteidigung eingesetzt werden. Oder im Rahmen eines Systems gegenseitiger kollektiver Sicherheit, sprich: mit UN-, EU- oder Nato-Mandat. Dann aber ausschließlich innerhalb des von diesem Mandat abgedeckten Einsatzgebietes. Im Falle der „Atalanta“-Mission zur Bekämpfung der Piraterie vor Somalias Küste also auf See, nicht aber, wenn die Entführer mit ihren Geiseln an Land gingen. Dann dürfte die KSK zwar Amtshilfe leisten, das aber nur mit den landesüblichen polizeilichen Waffen, nicht mit ihren militärischen Kampfmitteln. Die Frage, die der Minister nach Aussagen seines Sprechers klären wolle, laute nun: „Was tun, wenn die KSK schon vor Ort ist und die GSG 9 erst eingeflogen werden müsste?“

Grundsätzlich erwäge der Minister drei Möglichkeiten der „Klarstellung“: eine Ergänzung von Grundgesetzartikel 87a zu den Einsatzmöglichkeiten der Streitkräfte; eine Änderung des Grundgesetzartikels 35 zur Amtshilfe – oder beides zugleich. mis

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