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Kontrolle. Ein Ausbilder prüft die Uniformen seiner Untergebenen.

© picture alliance / dpa

Bundeswehrreform: Streitkräfte sind unzufrieden

Eine Studie legt den Unmut der Streitkräfte über die Strukturreform offen. Das Führungspersonal der Bundeswehr sieht großen Nachbesserungsbedarf.

Es ist ein vernichtendes und zugleich ernüchterndes Ergebnis. Das Führungspersonal der Bundeswehr hält die Strukturreform der Streitkräfte für demotivierend und mangelhaft und sieht erheblichen Nachbesserungsbedarf. Das ist das Ergebnis einer Studie des Bundeswehrverbands und der Technischen Universität Chemnitz, die am Montag in Berlin vorgestellt wurde. Für die Untersuchung wurden im April und Mai 2013 insgesamt 2223 Kommandeure, deren Stellvertreter sowie Chefs und Spieße (Kompaniefeldwebel) in allen Teilstreitkräften und Organisationsbereichen der Bundeswehr befragt. Auch zivile Führungskräfte konnten sich zur Strukturreform äußern. Drei Viertel der Studienteilnehmer halten sie demnach für verbesserungswürdig, nicht einmal acht Prozent bewerteten ihre Umsetzung als gut oder sehr gut. Bei einer Vorgänger-Studie im vergangenen September waren es noch 15 Prozent.

Kern der geplanten, zum Teil bereits umgesetzten Veränderungen sind kleinere, effizientere Strukturen bei den Streitkräften – mit erheblichen persönlichen Konsequenzen für den einzelnen Soldaten. So soll die Truppenstärke von ehemals 250 000 Soldaten auf höchstens 185 000 gesenkt werden. Die Zahl der Zivilbeschäftigten soll sich von 76 000 auf 55 000 reduzieren. 32 Bundeswehrstandorte sollen im Zuge der Reform bis 2017 geschlossen, andere drastisch verkleinert oder zusammengelegt werden. Erster gravierender Einschnitt war die Aussetzung der Wehrpflicht zum 1. Juli 2011.

Viele Soldaten wissen bereits seit geraumer Zeit, dass ihr bisheriger Einsatzort in den kommenden Monaten schließen wird, haben aber noch keine Ahnung, an welcher Stelle ihr Dienstherr sie künftig einsetzen wird. In dieser Unsicherheit liegt nach Einschätzung der Studienteilnehmer das Hauptproblem der Bundeswehrreform: 83,2 Prozent der Befragten wünschten sich mit Blick auf ihre Arbeit mehr berufliche Planungssicherheit. Knapp dahinter liegt die bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf: Hier sahen 72,6 Prozent der Studienteilnehmer Verbesserungsbedarf. Weil viele Bundeswehrangehörige etwa alle zwei bis drei Jahre turnusgemäß die Stelle wechseln und es durch die Strukturreform immer weniger Standorte gibt, liegt der Arbeitsplatz von vielen Soldaten immer weiter vom Wohnort entfernt. Das ist nicht nur für die Streitkräfte, sondern auch für die Angehörigen häufig eine Belastung. „Der Job ist nicht familienfreundlich“, sagt Oberst Ulrich Kirsch, Chef des Bundeswehrverbandes. „Unsere Soldaten erwarten dafür zu Recht eine Abfederung.“

Der Verbandschef hält die Strukturreform der Streitkräfte prinzipiell zwar für richtig, kritisiert aber das bei der Umsetzung vorgelegte Tempo. Derzeit verlaufe der mit der Reform verbundene Personalabbau zu schnell, kritisierte Kirsch. Er verwies dabei auf zusätzliche Belastungen durch die neuen Auslandseinsätze in der Türkei und in Mali sowie auf zeitweilige Doppelstrukturen, die mit der Reform verbunden seien. „In der Folge werden die Stehzeiten im Ausland immer länger, Regenerationsphasen in der Heimat immer kürzer“, sagte der Verbandsvorsitzende. „Hier spart man Truppe und Familien kaputt.“

Wenn jetzt nicht schnell gehandelt werde, drohe das innere Gefüge der Bundeswehr nachhaltig Schaden zu nehmen, warnte Kirsch. Um die Umbrüche und Mehrbelastungen der Bundeswehrreform bewältigen zu können, benötigten die Streitkräfte bis 2017 zusätzlich 10 000 Stellen. Es müsse zeitlich befristet zusätzliches Personal eingestellt werden, „um die größten Herausforderungen der Neuausrichtung zu meistern“.

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