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Politik: Bush in Europa: Charme-Offensive aus den USA

Der amerikanische Präsident George W. Bush beginnt am Dienstag in Madrid seine erste Europareise in seinem neuen Amt.

Der amerikanische Präsident George W. Bush beginnt am Dienstag in Madrid seine erste Europareise in seinem neuen Amt. Die fünftägige Reise bietet dem außenpolitisch weitgehend unerfahrenen Ex-Gouverneur von Texas die Chance, atmosphärische Störungen im transatlantischen Verhältnis auszuräumen. Durch seine Ablehnung des Umweltprotokolls von Kyoto und die forcierten Pläne zum Bau eines Raketenabwehrschilds hatte der Republikaner die Linie seines demokratischen Vorgängers Bill Clinton verlassen und damit den Unmut der Europäer erregt.

Das Präsidialamt war jedoch im Vorfeld der Reise bemüht, die Differenzen mit den europäischen Verbündeten herunterzuspielen: "Wer glaubt, dass es riesengroße Spannungen mit unseren europäischen Verbündeten gibt, liegt offen gesagt falsch", betont US-Sicherheitsberaterin Condoleeza Rice.

Im Präsidialamt setzt man hinter vorgehaltener Hand darauf, dass Bush mangelnde außenpolitischer Erfahrung im Gespräch mit den Verbündeten mit dem sprichwörtlichen Charme des Südstaatlers wettmacht. Clinton, ebenfalls ein Südstaatler, hatte diese Kunst meisterhaft beherrscht, zugleich aber auch mögliche Konflikte mit den europäischen Verbündeten durch andere Weichenstellungen in seiner Außenpolitik vermieden. So befürwortete er das Kyoto-Protokoll und zögerte den Bau des Raketenschutzschildes mit der Begründung hinaus, zunächst müsse sich dessen Praxisreife erweisen. Die Europäer wiederum bauten während der achtjährigen Amtszeit Clintons ein zunehmend enger werdendes Vertrauensverhältnis zu den USA auf, das durch das als eingemächtig empfundene Vorpreschen Bushs nunmehr Risse bekommen hat.

Die ersten Reisen im Amt hatten Bush zu den amerikanischen Nachbarn Mexiko und Kanada geführt, zu denen ein weitgehend spannungsfreies Verhältnis herrscht. Bush, der auch gut Spanisch spricht, erweist nun mit seinem Besuch in Madrid der alten Kolonialmacht Spanien die Reverenz, die politisch und wirtschaftlich in Mittel- und Südamerika noch immer eine wichtige Rolle spielt. Auch dürfte Spaniens konservativer Ministerpräsident Jose Maria Aznar Bush politisch näher stehen, als viele sozialdemokratische Regierungschefs in europäischen Partnerländern.

Bei seinem Besuch in Brüssel am Mittwoch bietet sich Bush dann Gelegenheit, im Gespräch mit Nato-Generalsekretär George Robertson für seine Raketenabwehrpläne zu werben. Die Verbündeten in der Allianz haben gegen die Pläne Vorbehalte vorgebracht, da sie das im Kalten Krieg bewährte Kräftegleichgewicht zwischen Ost und West durch das amerikanische Projekt in Gefahr sehen. Zugleich wird Bush sich wohl für eine umfassende Erweiterung der Nato aussprechen, die sich nach Ansicht der USA auch gegen russischen Widerstand für die baltischen Staaten öffnen sollte. "Wir sind der festen Überzeugung, dass es weder historisch noch geographisch rote Linien geben sollte, die ein Land ausschließen", betont Rice. Diese Position sorgt jedoch für neuen Konfliktstoff im Verhältnis mit Russland, das sich durch ein Heranrücken der Nato an seine Außengrenzen in seiner Sicherheit bedroht sieht.

Am Donnerstag reist Bush zum EU/USA-Gipfel ins schwedische Göteborg weiter, wo auch der Disput um die Umsetzung des Klimaprotokolls von Kyoto zur Sprache kommen dürfte. Bush hatte das Klimaschutz-Abkommen wegen angeblicher negativer Auswirkungen auf die US-Wirtschaft abgelehnt. Wie aus US-Regierungskreisen verlautete, reist Bush ohne konkrete Vorschläge zum Klimaschutz nach Göteborg, wo er lediglich seine Sichtweise zu den internationalen Bemühungen zur Bekämpfung der Erderwärmung darstellen will.

Nach einem Zwischenstopp im neuen Nato-Land Polen am Freitag steht am 16. Juni dann im slowenischen Ljubljana ein Gipfeltreffen mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin auf dem Programm. Das Thema Raketenschutzschild dürfte wie bereits zuvor bei Bushs Nato-Besuch in Brüssel die Tagesordnung dominieren. Aus US-Kreisen verlautete, die USA wollten Russland Militärhilfe und den Ankauf von Waffen anbieten, falls Russland im Gegenzug seinen Widerstand gegen die Raketenschutzschildpläne der USA aufgibt.

Steve Holland

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