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Politik: Bush in Osteuropa: Wenn Russland verdient, gibt Putin nach: Für ein Ja zur US-Raketenabwehr will Moskau Industrie-Aufträge

Lange hatte Russlands Präsident Wladimir Putin darauf bestanden, mit US-Präsident George W. Bush noch vor dem G-8-Gipfel Ende Juli zusammenzukommen.

Lange hatte Russlands Präsident Wladimir Putin darauf bestanden, mit US-Präsident George W. Bush noch vor dem G-8-Gipfel Ende Juli zusammenzukommen. Nun drängte vor allem Bush auf das Spitzengespräch im slowenischen Ljubljana, zu dem sich die beiden Regierungschefs am heutigen Sonnabend treffen. Wahrscheinlich hat Bush erkannt, dass er mit Putin eine gemeinsame Sprache finden muss.

Schon in den letzten Monaten der Ära Jelzins und Clintons war das bilaterale Verhältnis abgekühlt. Der Grund waren gegensätzliche Standpunkte zu dem von Bush geplanten nationalen Raketenabwehrsystem, das aus Moskauer Sicht die globale Sicherheitsarchitektur der letzten Jahrzehnte zerstören würde. Washington warf Moskau außerdem die Weitergabe von Know-how für Massenvernichtungswaffen an Schurkenstaaten, Korruption und Missbrauch von Krediten vor. Nach dem Machtwechsel im Washingtoner Weißen Haus verfügten beide Seiten die größte Ausweisung von spionageverdächtigen Diplomaten seit Ende des Kalten Krieges.

Unterdessen beschlossen Putin und die Regierungschefs von China und vier zentralasiatischen Staaten am Freitag in Schanghai ihren Gipfel mit einer Warnung vor den Raketenabwehrplänen der USA. Die sechs Präsidenten wandelten die Schanghai-Gruppe von einem losen Interessenkartell zu einem neuen Schwerkraftzentrum um, das drei Fünftel der euroasiatischen Landmasse und ein Viertel der Weltbevölkerung umfasst.

Fakten, mit denen Putin in Ljubljana pokern dürfte. Dennoch: Außenamt und Kreml ließen bereits durchblicken, dass Moskau es bei diplomatischen Protesten gegen NMD und die Abschaffung des ABM-Vertrages bewenden lassen würde, wenn russische Unternehmen hinreichend mit Aufträgen aus Washingtons Regierungsprogrammen entschädigt würde. Die Weichen dazu wurden schon durch ein Treffen zwischen US-Vizepräsident Richard Cheney mit Anatolij Tschubais gestellt. Der ist offiziell zwar nur Chef des Stromkonzerns Rao Jees, aber auch einer der wichtigsten inoffiziellen Berater Putins. Und Cheney vertritt die Interessen der US-Ölmultis, die auf den russischen Markt drängen.

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