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Politik: Bush und Gore zittern: Pat Buchanan scheint bereit, Kandidat der Reformpartei zu werden

In den amerikanischen Vorwahlkampf kommt Bewegung. Ein zweiter Kandidat der republikanischen Rechten macht sich auf, seine Partei zu verlassen.

In den amerikanischen Vorwahlkampf kommt Bewegung. Ein zweiter Kandidat der republikanischen Rechten macht sich auf, seine Partei zu verlassen. Doch anders als Senator Bob Smith, der diesen Schritt im Juli vollzog, würde der Publizist Pat Buchanan nicht alleine gehen. Und deshalb zittern nun die Großen: George W. Bush bei den Republikanern, Al Gore bei den Demokraten.

"Meine Partei ist doch in zentralen Fragen eine Kopie der Demokraten geworden", hat Buchanan gerade geschimpft. "Die Republikaner sind pro NAFTA, pro WTO, pro UN." Im Oktober will der ehemalige CNN-Kommentator sich endgültig entscheiden. Momentan, so sagt er selbst, sei er sich zu 90 Prozent sicher, seine Republikaner verlassen zu wollen.

Buchanan steht für die Allianz der ökonomisch zu kurz Gekommenen und der sozial Altkonservativen. Seine populistisch-isolationistischen Tiraden gegen den freien Welthandel und gegen Amerikas Polizistenrolle von Kosovo bis Ost-Timor kommen bei der Arbeiterschaft gut an. Daneben ist Buchanan ein scharfer Abtreibungsgegner, der einen Verfassungszusatz befürwortet, der jeden Schwangerschaftsabbruch verbieten würde, und der das Eintreten gegen Abtreibung zum Lackmus-Test eines jeden Bewerbers um ein amerikanisches Richteramt machen würde.

Seine Partei will Buchanan hinter sich lassen, doch Präsidentschaftskandidat will er bleiben. Als Bühne hat er sich die "Reform Party" ausgesucht. Die Reformpartei ist die Gruppierung, die der texanische Computer-Milliardär Ross Perot zur Unterstützung seiner beiden Präsidentschafts-Bewerbungen 1992 und 1996 gegründet hatte. Der aktuelle Star der Reformpartei ist der Gouverneur von Minnesota, der ehemalige Show-Ringer Jesse Ventura. Als einziger Reform-Politiker führt er einen Bundesstaat. Aufforderungen, er solle sich um das Weiße Haus bemühen, hat Ventura bislang stets von sich gewiesen. Stattdessen hat er sich, bislang vergebens, nach einem Namhaften umgesehen, der die Perot-Nachfolge als Drittkandidat antreten könnte.

Buchanan ist es allerdings nicht, den Ventura im Sinn hat. Der liebäugelt vielmehr mit Donald Trump, dem New Yorker Bau- und Partylöwen, der sich gerade mit dem "Trump Taj Mahal" ein Luxus-Casino in der Spielerstadt Atlantic City im US-Bundesstaat New Jersey geleistet hat. Ob Trump in den Ring steigt, ist völlig offen. Dass Ventura eher einen zentristisch-populistischen Spitzenkandidaten hätte denn den Rechtsaußen Buchanan, dies steht fest. Denn die Reformer sind der "Neuen Weltordnung à la Bush-Clinton" gegenüber, wie es Buchanan ausdrückt, zwar ähnlich misstrauisch eingestellt wie der ehemalige Publizist, doch in sozialen Fragen wesentlich liberaler. "Wir sollten keine Moralfragen ins Zentrum der Politik rücken, die jeder besser für sich selbst beantwortet", sagt Ventura. Der Abtreibungsfeind Buchanan wäre also keineswegs der inhaltliche Wunschkandidat der Reformer. Aber er wäre ein Garant für scharfe Debattenbeiträge, viel Aufmerksamkeit und ein entscheidendes Wählerpotential.

Das ist, wovor Bush und Gore gleichermaßen Angst haben. Umfragen zeigen, dass bei einer Präsidentschaftswahl mit drei Kandidaten sowohl Bush als auch Gore fast gleichmäßig verlieren würden. Buchanan zapft beider Wählerpotenzial an. Und er ist ein brillanter Rhetoriker, wie er zuletzt bei der Probeabstimmung in Ames in Iowa am 14. August bewies, wo er Fünfter unter den neun angetretenen Republikanern wurde. In Ames zeigte Buchanan auch, wie sehr seine Thesen parteiübergreifend ankommen. Rund um sein Festzelt hatten Fernfahrer ihre Trucks geparkt. Den Aktivisten der traditionell den Demokraten verbundenen "Teamsters"-Gewerkschaft gefällt Buchanans Wirtschafts-Nationalismus.

Vor allem aber würde Buchanan bei den entscheidenden Fernsehdebatten in einem Jahr einen harten inhaltlichen Schlagabtausch suchen und es Bush und Gore schwer machen, mit ihrem zentristischen Kurs voller programmatischer Unklarheiten das Weiße Haus zu gewinnen. Amerikas Wähler jedenfalls können sich freuen. Tritt Buchanan zu den Reformern über und gewinnt er deren Nominierung als Kandidat, wäre eine wichtige Minderheitenströmung sprachgewaltig vertreten. Eben deshalb hat Bush Buchanan in Ames im persönlichen Gespräch gebeten, bei den Republikanern zu bleiben. Als Parteifreund ließe er sich nämlich bequem in den Vorwahlen ausschalten und wäre beim Final-Duell kein Störenfried mehr.

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