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Der ehemalige US-Präsident George W. bei einer Veranstaltung am Donnerstag in New York.

© Seth Wenig/AP/dpa

Kritik an Trump: Bush und Obama halten sich nicht mehr zurück

Wegbereiter von "Grausamkeit und Intoleranz": Die beiden Amtsvorgänger des US-Präsidenten kritisieren eine Verrohung der Sitten unter Donald Trump.

Althergebrachte Spielregeln sind nicht mehr viel wert im Washington dieser Tage. Eine dieser Regeln besagte, dass ehemalige Präsidenten sich mit Kritik an ihren Nachfolgern zurückhalten. Doch bei Donald Trump fühlen sich George W. Bush und Barack Obama nicht mehr an dieses ungeschriebene Gesetz gebunden. So stark ist ihr Widerwille gegen den neuen Bewohner des Weißen Hauses, dass sie jetzt am selben Tag, wenn auch unabhängig voneinander, die Verrohung der politischen Sitten und die Abkehr von Grundsätzen amerikanischer Politik unter Trump beklagten. Trumps Anhänger werten die Kritik als Attacke des alten Establishments auf die rechtspopulistische Bewegung, die dabei ist, Amerika zu verändern. Der Kulturkampf in den USA ist im vollen Gange.

Es spricht Bände über das Verhältnis vieler Demokraten und moderater Republikaner zum neuen Präsidenten, dass sie plötzlich ausgerechnet Bush als eloquente Stimme der Weisheit respektieren. Dabei ist Bush derjenige Präsident, der den katastrophalen Irak-Krieg verantwortete und der während seiner Amtszeit wegen seiner vielen rhetorischen Pannen zeitweise zur Lachfigur wurde. Als Bush im Jahr 2009 aus dem Amt schied, war er noch unpopulärer, als Trump es heute ist.

Trotzdem ist eine rund 16-minütige Rede von Bush in New York vom Donnerstag zu einem der meistdiskutierten politischen Themen in den USA geworden. Von dem Ex-Präsidenten, der sich nur selten öffentlich äußert, ist zwar bekannt, dass er Trump nicht mag und bei der Wahl im vorigen Jahr nicht für ihn stimmte. Auch war Bushs Bruder Jeb einer von mehreren Präsidentschaftskandidaten der Republikaner, die von Trump während des Wahlkampfes gnadenlos gedemütigt wurden. Dennoch überraschten die scharfen Töne in der Ansprache des früheren Präsidenten.

Bush zog darin gegen Trump vom Leder, ohne diesen beim Namen zu nennen. „Intoleranz ist offenbar im Aufschwung“, sagte er. Verschwörungstheorien und „glatte Erfindungen“ von Tatsachen seien an der Tagesordnung. Amerikanische Traditionen wie das Bekenntnis zum Freihandel und zu den Vorteilen der Immigration hätten dagegen einen schweren Stand: klare Spitzen gegen Trumps protektionistische Wirtschaftspolitik und Maßnahmen zur drastischen Eindämmung der Einwanderung.

Mit Blick auf Trumps Populismus räumte Bush ein, dass viele Menschen unter den Folgen der Globalisierung zu leiden hätten. „Aber wir können uns die Globalisierung nicht wegwünschen“ – was genau Trumps Rezept der Mauern und Handelsblockaden beschreibt.

Beleidigender Ton

Bush ging auch auf Trumps rauen, oft beleidigenden und selbstherrlichen persönlichen Stil ein. Der Ton der Debatte werde von Einschüchterung und Vorteilen bestimmt, die zu „Grausamkeit und Intoleranz“ führten, sagte er. Nach seiner Rede antwortete Bush laut „New York Times“ auf die Frage eines Journalisten, ob seine Botschaft im Weißen Haus ankommen werde: „Ich glaube schon.“

Auch Obama kritisierte Trump bei Wahlkampfreden für Politiker seiner Demokratischen Partei in New Jersey und Virginia. Er beklagte die starke Polarisierung in den USA und wies die Kritik seines Nachfolgers an der Wirtschafts- und Gesundheitspolitik der vergangenen Jahre zurück. Zudem betonte Obama, die Welt erwarte von Amerika, dass es zu seinen Idealen und Werten stehe. Wie Bush nannte auch Obama den neuen Präsidenten nicht beim Namen.

Trump selbst reagierte zunächst nicht auf die Kritik der beiden früheren Präsidenten. Politiker wie Bush und Obama vertreten aus Sicht des neuen Staatschefs und seiner Anhänger ein bankrottes politisches System, das amerikanische Interessen vernachlässigt und nichts für Normalbürger übrighat.

Bush habe sich leider für eine Attacke auf die populistische Bewegung einspannen lassen, sagte die rechtskonservative Kommentatorin Laura Ingraham laut Medienberichten bei einer Buchvorstellung in Washington. Unter den Gästen der Veranstaltung war Trumps rechtspopulistischer Berater Stephen Miller, als Gastgeber fungierte der frühere Chefstratege Steve Bannon. Dieser hat dem Establishment den „Krieg“ erklärt, wie er sagt, und will bei den Kongresswahlen im kommenden Jahr möglichst viele Rechtspopulisten ins Parlament bringen, um seine „Revolution“ voranzutreiben. Bushs öffentliche Kritik an Trump ist ein Zeichen dafür, wie ernst die etablierten Kräfte im US-Politbetrieb die Bedrohung durch Bannons Feldzug nehmen. Ein Gegenmittel gegen die populistischen Bilderstürmer ist bisher jedoch nicht in Sicht.

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