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Sollen solche Fahrer Privilegien genießen?

© dpa

Busspuren für Elektromobile?: Die Gentrifizierung der Straße

Elektroautos sollen demnächst auf Busspuren fahren dürfen. Das zumindest planen die Umweltministerin und der Verkehrsminister. Dass alle Bürger gleiche Rechte haben, gilt dann offenbar nicht mehr. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Ursula Weidenfeld

Wer will schon ein Elektromobil? Weil sich der Absatz der innovativen Gefährte nur müde dahinschleppt, denken die Umweltministerin und der Verkehrsminister über Anreize nach, die den Bürgern den Abschied vom Verbrennungsmotor schmackhaft machen sollen. Sie wollen den Elektroautos vom kommenden Jahr an die Busspuren der Großstädte öffnen. Außerdem sollen kostenlose Parkplätze in Gegenden ausgewiesen werden, in denen es sonst kaum Parkmöglichkeiten gibt.

Die Nebenwirkungen einer solchen Subvention wären beträchtlich. Hier würde nicht nur dem E-Auto geholfen. Gleichzeitig würde der Zugang zum öffentlichen Raum neu geregelt. Wer sich eines der Elektromobile leisten kann, bekäme einen Teil der öffentlichen Infrastruktur kostenfrei und exklusiv zugewiesen. Was man beim Wohnen bitter beklagt, würde beim Parken regierungsamtlich verordnet – die Gentrifizierung.

Es gibt Bereiche, in denen man sich nicht gegen eine Bevorzugung einzelner Personengruppen auf öffentlichen Straßen und Plätzen wehrt: Behindertenparkplätze zum Beispiel. Hier sorgt der Staat dafür, dass Schwache ihr Recht auf Mobilität wahrnehmen können. Auch dem öffentlichen Nahverkehr mag man Extrarechte in der Stadt noch zugestehen. Doch schon die Bevorzugung von Taxis auf Busspuren ist eine seltsame Liebesgabe: Warum bekommen diejenigen, die ein Taxi bezahlen können, eine Expresskarte, während alle anderen sich hinten anstellen müssen? Dafür gibt es keinen Grund. Dasselbe gilt für die Elektromobile.

Ein knappes öffentliches Gut wird einer einzelnen Gruppe zugeteilt

E-Autos haben ein Problem, das die Hersteller offensichtlich im Moment nicht lösen können. Sie sind teuer, nicht besonders schnell, sie fahren nicht sehr weit, und Tankstellen sind rar. Wie bei einer Kaffeefahrt werden nun die Extras angepriesen. Ein knappes öffentliches Gut wird einer einzelnen Gruppe zugeteilt, damit ein politisch fragwürdiges Ziel erreicht werden kann.

Wer die Elektromobilität fördern will, muss sie wettbewerbsfähig machen. Wer sie dagegen auf die geplante Art privilegieren will, könnte mit demselben Recht auch Parkbänke exklusiv für fleißige Riesterrentner reservieren. Er könnte das Benutzen öffentlicher Schwimmbäder an den Erwerb des Lebensrettungsausweises koppeln oder die Behandlung in der Notfallambulanz an den Nachweis einer Blutspende. Politischer Kreativität sind keine Grenzen gesetzt, wenn man einmal das Prinzip aufgegeben hat, wonach in diesem Land alle Bürger gleiche Rechte haben.

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