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Politik: Butterfahrten zur Wahlurne

Türken im Ausland müssen ihre Stimme in der Heimat abgeben

Von Susanne Güsten, Istanbul

Bei den vorgezogenen Neuwahlen in der Türkei im November haben die mehr als zwei Millionen wahlberechtigten Auslandstürken wieder das Nachsehen: Weil schon in knapp drei Monaten gewählt werden soll, bleibt keine Zeit mehr für die rechtlichen Reformen und organisatorischen Vorbereitungen, um ihnen die Teilnahme an der Wahl zu erleichtern. Wie bei den vergangenen Wahlen müssen sich die im Ausland ansässigen Wähler deshalb auch diesmal zur Stimmabgabe in die Türkei begeben. Dort können sie zwischen dem 2. Oktober und dem Wahltag am 3. November ihre Stimme am Grenzübergang oder am Flughafen abgeben.

Nach der türkischen Verfassung sind die Auslandstürken zwar zur Teilnahme an den Parlamentswahlen berechtigt; die Modalitäten der Stimmabgabe werden aber gesetzlich geregelt. Eine Novelle des entsprechenden Gesetzes liegt seit zwei Jahren im Außenausschuss des türkischen Parlaments auf Eis, weil keine der beiden darin vorgeschlagenen Wahlmodalitäten praktikabel erscheint.

Der von Ankara favorisierte Vorschlag, dass die Auslandstürken in den türkischen Botschaften und Konsulaten abstimmen sollen, stößt vor allem in Deutschland auf Widerstand, wo rund 1,3 Millionen türkische Wahlberechtigte leben. Die deutschen Behörden machen Sicherheitsbedenken gegen Massenansammlungen vor den türkischen Vertretungen geltend. Gegen die andere Möglichkeit der Briefwahl wehren sich mehrere türkische Parteien. Sie befürchten, dass die Familienoberhäupter in den patriarchal geprägten Gastarbeiter-Familien den Frauen und Jungwählern die Stimme diktieren könnten – was vor allem den Islamisten zugute käme.

Wegen ihrer Basisverankerung und Organisationstalente könnten die islamistischen Parteien aber auch bei der Stimmabgabe an den Grenzen profitieren. Als erste Partei begann jetzt die gemäßigte islamistische AK-Partei mit den Vorbereitungen für „Butterfahrten“ aus den Gastländern an die türkischen Urnen. Alleine aus München wolle die AK-Partei rund 700 Busse voller Wähler ins Heimatland schicken, meldete die türkische Presse.

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