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BVG-Urteil: Zu spät gemeldet – Erbin von DDR-Vermögen geht leer aus

Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe hat entschieden: Herrenlose Grundstücke und Vermögenswerte, die in der DDR zwangsverwaltet wurden, dürfen weiterhin in den Entschädigungsfonds überführt werden.

Von Matthias Schlegel

Grundstücke und Vermögenswerte, die in der DDR unter staatlicher Zwangsverwaltung standen, können weiterhin in den Entschädigungsfonds überführt werden, wenn die Eigentümer trotz intensiver Suche nicht ermittelt werden konnten. Mit dieser am Donnerstag veröffentlichten Entscheidung (Az. 1 BvL 8/07) stärkt das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe die Position des Bundes, der im Entschädigungsgesetz von 1994 die Verfügbarkeit herrenloser Vermögenswerte geregelt hatte. In einem Änderungsgesetz war 2003 zusätzlich bestimmt worden, dass darunter auch Vermögenswerte von nicht auffindbaren Miteigentümern oder Miterben fallen.

Nach Auskunft des Bundesamtes für zentrale Dienste und offene Vermögensfragen (BADV) betrifft das Urteil derzeit etwa 800 solcher Fälle. Sie waren wegen des anhängigen Gerichtsverfahrens zurückgestellt worden. Allerdings sind rund 3200 offene Vermögensfragen noch zu bearbeiten. Darunter könnten sich weitere Fälle unauffindbarer Miteigentümer und Miterben befinden.

Im vorliegenden Fall hatte eine Miterbin Ansprüche auf ein Grundstück in Brandenburg erhoben. Ihre beiden Schwestern hatten ihre Erbansprüche auf das 1977 vom Vater hinterlassene Eigentum rechtzeitig geltend gemacht. Der Aufenthaltsort der 1965 nach Großbritannien verzogenen Klägerin konnte trotz intensiver Recherchen nicht ermittelt werden. Daraufhin schloss das Bundesamt für offene Vermögensfragen die Frau von ihrem Miterbeanteil aus und verfügte, dass dieser auf den Entschädigungsfonds übergeht.

Die 2005 vom Abwesenheitspfleger der Frau geltend gemachten Ansprüche wies Karlsruhe nun zurück. Die staatliche Vorschrift diene „dem legitimen Gemeinwohlziel (…) endgültige Eigentumsverhältnisse zu schaffen und auf diese Weise die Verkehrsfähigkeit von Grundstücken zu verbessern“. In seinem „Beurteilungsspielraum“ habe der Gesetzgeber davon ausgehen können, „dass gerade die Unauffindbarkeit eines Miterben die Handlungsfähigkeit der Erbengemeinschaft einschränkt“. Es sei auch nicht zu beanstanden, dass die Miterbin keine Kompensation erhalten habe. Denn der an den Entschädigungsfonds abgeführte Wert diene nicht allgemeinen fiskalischen Zwecken, sondern komme anderen Opfern bei der Wiedergutmachung von Vermögensschädigungen zugute.

In der DDR waren Anfang der 50er Jahre, als man noch auf die deutsche Einheit hinarbeitete, tausende Grundstücke, die Westdeutschen oder Ausländern gehörten, nicht enteignet, sondern unter staatliche Verwaltung gestellt worden. Aus den Pacht- und Mieteinnahmen wurden die Bewirtschaftungskosten finanziert. Ab 1986 wurden viele dieser Grundstücke in Volkseigentum überführt, weil Investitionen mit staatlichen Mitteln nötig waren. Nach der Wiedervereinigung wurden die Eigentümer wieder in ihre alten Rechte gesetzt. Wo sie nicht bekannt waren, suchte das Amt für offene Vermögensfragen nach ihnen. Blieb die Suche erfolglos, wurde der Vermögenswert dem Entschädigungsfonds zugesprochen.

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