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Richtig fuchtig wurde der britische Premier Cameron am 24. Oktober beim Gipfel in Brüssel, als er auf die von der EU geforderten Nachzahlungen angesprochen wurde.

© AFP

Camerons Streit mit der EU: London bekommt mehr Zeit für Milliarden-Nachzahlung

Über die Nachzahlungsforderung der EU an Großbritannien war Premier David Cameron unlängst regelrecht in Wut geraten. Nun wollen die Finanzminister London mehr Zeit geben, die Schulden zu begleichen. Doch Cameron zweifelt auch die Höhe der Summe an.

Der britische Premier David Cameron bekommt mehr Zeit, um die umstrittene Nachzahlung in Milliardenhöhe bei den EU-Beiträgen zu leisten. Die EU-Finanzminister stimmten laut Diplomaten am Freitag in Brüssel einer zehnmonatigen Verschiebung der Zahlungsfrist bis zum 1. September 2015 zu. Der Termin liegt damit weit nach den britischen Parlamentswahlen im Mai.
Cameron, der unter starkem Druck von EU-Gegnern steht, hatte die Nachzahlungsforderung auf dem EU-Gipfel Ende Oktober in einer regelrechten Wutrede zurückgewiesen und angekündigt, er werde den Betrag nicht wie gefordert bis zum 1. Dezember zahlen. Der britische Finanzminister George Osborne sagte am Freitag in Brüssel, er werde sicherstellen, dass sein Land "einen besseren Deal" bekomme. Der 1. Dezember sei "inakzeptabel".
Die bisherige Zahlungsfrist sei "kurz", heißt es nun in der Vorlage der italienischen Ratspräsidentschaft. "Dies kann außergewöhnlich hohe finanzielle Auswirkungen für diese Mitgliedstaaten zur Folge haben". Die EU-Kommission soll deshalb einen Lösungsvorschlag ausarbeiten. Dieser solle es erlauben, "die verlangte Zahlung um einen annehmbaren Zeitraum zu verschieben."

Ein EU-Diplomat sagte am Nachmittag, es gebe eine Einigung auf den 1. September 2015. Diesen Termin hatte zuvor auch der französische Finanzminister Michel Sapin genannt. Sein österreichischer Kollege Hans Jörg Schelling bestätigte die Pläne zur Ratenzahlung und bezeichnete gleichfalls den 1. September als wahrscheinlich.

Cameron selbst beharrte am Freitag auf seiner Position, eine Summe in dieser Höhe nicht zahlen zu wollen. Es gebe bei der Forderung zwei Elemente, die für Großbritannien entscheidend seien.„Wir zahlen keine zwei Milliarden Euro am 1. Dezember und wir glauben nicht an die Zahlung von einer Summe in dieser Größenordnung“, sagte er nach Abschluss eines Gipfels nordischer Staaten und Großbritanniens im finnischen Helsinki. „Das sind die beiden Punkte, die ich auf den Tisch gelegt habe.“ Er hoffe, sie können beim Treffen der EU-Finanzminister in Brüssel am Freitag oder auch später gelöst werden. „Wenn nicht, dann haben wir ein großes Problem“, sagte Cameron.

Der Streit ums Geld ist vor der Parlamentswahl im Mai für Cameron politischer Sprengstoff. Seine Konservativen hatten schon bei den Europawahlen im vergangenen Mai eine schwere Schlappe erlebt und landeten nur auf dem dritten Platz. Die EU-feindliche Partei Ukip war damals stärkste Kraft geworden. Der Premier hat den Briten unter dem Druck der Europa-Skeptiker bei einer Wiederwahl für 2017 ein Referendum über den Verbleib in der EU versprochen.

Ukip-Chef Nigel Farage: Cameron hat sich in aussichtslose Lage manövriert

Cameron habe in Brüssel den "starken Mann" markiert und sich in eine aussichtslose Lage manövriert, sagte der Ukip-Vorsitzende Nigel Farage am Donnerstag dem Radiosender LBC. "Er hat uns ein Versprechen gemacht, das nach den europäischen Verträgen nicht eingehalten werden kann." Auch wenn Cameron das Geld nicht zum 1. Dezember überweise, so werde er doch später zahlen.
Die britische Ratenzahlung hätte aber auch Auswirkungen auf Länder wie Deutschland, die Geld zurückerhalten sollen. Denn Nach- und Rückzahlungen verhalten sich wie kommunizierende Röhren: Kommt kein Geld zurück, wird auch keines ausgezahlt. Diese Länder müssten zumindest auf einen Teil ihrer Rückerstattung warten, bis London gezahlt hat.
Deutschland wäre mit am stärksten betroffen. Es soll 779 Millionen Euro zurückbekommen, das mit Haushaltsproblemen kämpfende Frankreich sogar etwa eine Milliarde Euro. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) sagte am Donnerstagabend, er hoffe, dass eine Lösung gefunden werde. Großbritannien befinde sich in einer "schwierigen inneren Debatte".
Den neben Großbritannien höchsten Betrag müssen die Niederlande mit 642 Millionen Euro nachzahlen. Der niederländische Finanzminister Jeroen Dijsselbloem sagte, er arbeite "eng mit der britischen Regierung" zusammen. Er sei "optimistisch", dass eine Lösung gefunden werde. (AFP)

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