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Gibt nicht nach: Walter Mixa.

© dpa

Die unendliche Geschichte: Causa Mixa: Dichtung und Wahrheit

Im Fall des früheren Augsburger Bischofs Mixa kommen immer neue Details ans Licht. Die Folge: In der deutschen katholischen Kirche tobt eine Schlammschlacht, die hohe Würdenträger beschädigt

Leopold Mayer sagt, dass er über den Brief gelacht habe, in dem ihn ein Verehrer des zurückgetretenen Augsburger Bischofs Walter Mixa als ein verkommenes, gottloses, rotes Objekt beschimpft: „Denn als Mensch kann man Sie doch nicht einreihen.“ Mayer habe den lieben, ehrlichen, unschuldigen Bischof durch den Dreck gezogen. Das Wort „unschuldig“ ist unterstrichen. In einem Leserbrief hatte Leopold Mayer Bischof Walter Mixa aufgefordert, aus dem Augsburger Palais beim Dom aus- und in eine Seniorenresidenz einzuziehen. Das Wort „Bischof“ setzte er in Anführungsstriche.

Mayer ist das Lachen nicht vergangen, Priestern oder engagierten Laien im Bistum Augsburg hingegen längst. Mixa hat Kinder geschlagen, öffentlich gelogen. Das Kirchenvolk hat er damit gespalten, in Anhänger, Vor-den-Kopf-Gestoßene und Gegner. Nun betreibt er seine Rückkehr auf den Augsburger Bischofsstuhl, als sei nichts gewesen. Doch in den letzten Jahren, Wochen und vor allem Tagen ist zu vieles geschehen. Mixa kehrte nach einem Aufenthalt in einer Schweizer Klinik und einem Italienurlaub überraschend zurück nach Augsburg und gab ein aufsehenerregendes Interview.

Die Folge: In der deutschen katholischen Kirche tobt eine Schlammschlacht, die hohe Würdenträger beschädigt – Mixa, dessen Verhalten unberechenbar und konfus wirkt, die Erzbischöfe Reinhard Marx und Robert Zollitsch, die ihren Mitbruder unverhohlen als psychisch Kranken haben darstellen lassen. Und die sich Anklagen erwehren, sie hätten ihn aus dem Amt gedrängt.

Wer hat recht? Die „Causa Mixa“ ist verworren und wird zunehmend verworrener. Die Wahrheit kommt nur stückweise heraus. Drei Tage, nachdem Mixa am Abend des 21. April sein Rücktrittsgesuch unterzeichnet hatte, widerrief er eigenen Angaben zufolge in einem Schreiben an den Papst diesen Schritt. „Der Druck, unter dem ich die vorgefertigte Resignation unterschrieben habe, war wie ein Fegefeuer“, erklärte er. Nach Informationen der „Augsburger Allgemeinen“ ist es nicht bei dem einen Schreiben nach Rom geblieben. Es gab offensichtlich mehrere Erklärungen Mixas, in denen er mal dem Papst seinen Rücktritt anbot und sich mal davon distanzierte. Mixa telefonierte eifrig und sondierte die Chancen für eine Rehabilitierung. In Rom drängte er sich dem Präfekten der Bischofskongregation, Kardinal Giovanni Battista Re, förmlich auf. Die Audienz dauerte 90 Minuten und verlief offenbar nicht zufriedenstellend für Mixa. Re habe ihm unverblümt die Gründe dargelegt, weshalb der Papst das Rücktrittsgesuch relativ rasch angenommen hat, sagen Insider.

Je heftiger Mixa verbal um sich schlägt, desto mehr Dinge kommen ans Licht. Nach jedem Interview Mixas melden sich weitere Betroffene bei Zeitungen. Sie können und wollen nicht länger ertragen, was der Bischof sagt. Sie möchten, dass „die Wahrheit“ öffentlich wird. Viele von ihnen ringen mit sich, bevor sie sich mit vollem Namen zitieren lassen, wie Kaplan Christian Grau aus Gersthofen bei Augsburg. Er ist einer von zehn jungen Priestern, die einen Brief an Walter Mixa geschrieben haben, in dem sie den Bischof, der sie geweiht hat, scharf kritisieren. Die Kritik der Kapläne an Mixa hat einen Hintergrund: Mixas Verhalten gegenüber Seminaristen auf Reisen nach Rom und Israel in den Jahren 2007 und 2008 während ihrer Priesterausbildung. Grau sagt: „Es gab keine sexuellen Übergriffe, aber es gab verbale und körperliche Grenzüberschreitungen.“ Ein Priesteramtskandidat erzählte der „Augsburger Allgemeinen“, dass Mixa die jungen Männer „meine Lustmolche“ nannte.

Alois Knoller, Daniel Wirsching

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