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Politik: CDU Baden-Württemberg: Unser Erwin

Sie haben ihm einen Strauß dunkelblauer Luftballons in die Hand gedrückt, die er draußen vor der Parteitagshalle gleich fernsehwirksam in den blauen Herbsthimmel fliegen lassen muss, nachdem er wieder zum CDU-Spitzenkandidaten für die Landtagswahl im kommenden März bestimmt worden ist. Alle mit roten Kärtchen versehen, die den "fünf weitesten Findern" ein Essen mit dem Ministerpräsidenten versprechen.

Sie haben ihm einen Strauß dunkelblauer Luftballons in die Hand gedrückt, die er draußen vor der Parteitagshalle gleich fernsehwirksam in den blauen Herbsthimmel fliegen lassen muss, nachdem er wieder zum CDU-Spitzenkandidaten für die Landtagswahl im kommenden März bestimmt worden ist. Alle mit roten Kärtchen versehen, die den "fünf weitesten Findern" ein Essen mit dem Ministerpräsidenten versprechen. Ein fröhliches, ein zuversichtliches Bild: Umringt von zehn, fünfzehn Jung-Unionisten, alle im weißen T-Shirt, das sie als Anhänger von "Erwin" ausweist, steht der 61-Jährige Erwin Teufel da, schaut in die Kameras und lacht. Die Sonne fällt aufs messingfarben glänzende Haupthaar. Und alle sehen: Die Zukunft der CDU im Südwesten hat einen Namen.

Das soll auch das Großplakat vermitteln, auf das CDU-Generalsekretär Volker Kauder so stolz ist: "e-rwin" - mit einem Internet-"e" - steht auf blauem, von kleinen Föhnwolken durchzogenem Himmel. Nur nicht altbacken wirken, bloß nicht bieder daher kommen. Schon bevor die Landes-SPD die 35-Jährige Ute Vogt ins Rennen schickte, war den CDU-Wahlstrategen Teufels Alter als Manko erschienen. Wenn der baden-württembergische Ministerpräsident nach zehnjähriger Amtszeit im nächsten März noch einmal für fünf Jahre bestellt werden soll, dann muss nicht nur eine zukunftsweisende Botschaft her. Auch die Präsentation des Kandidaten darf sich nicht in einem "Aus-Erfahrung-Gut"-Wahlkampf erschöpfen. Und Teufel, dem mediale Sperenzchen an sich wie Spitzgras sind, sperrt sich nicht dagegen. Die Partei, das weiß ihr Vorsitzender nur zu gut, hat auch dieses Mal zwar trotz mancherlei Gegrummels keine Alternative zu ihm, doch um auch die Zweifelnden hinter sich zu scharen, muss er Konzessionen machen. "Fröhlich-dynamisch" (Kauder) soll der Wahlkampf deshalb werden. Dafür soll schon der frisch engagierte Wahlkampfberater Peter Radunski sorgen, der einst als quirliger CDU-Bundesgeschäftsführer erheblich größere Erfolge einfahren konnte als später in Berlin als Kultursenator.

Inhaltlich wird der CDU-Wahlkampf nach bewährtem Muster gestrickt. Zwar muss einmal mehr der Spagat zwischen Modernisieren und Bewahren durchgehalten werden, aber nach fast einem halben Jahrhundert CDU-geführter Landespolitik ist Baden-Württemberg bekanntermaßen überall Spitze: Von den wenigsten Verbrechen bis zu den meisten Patentanmeldungen. Kein deutsches Land stehe bei Wirtschaftswachstum oder Jugendarbeitslosigkeit so hervorragend da. Keines investiere soviel in Schulen und Hochschulen. Der Süden ist stark, der Süden ist stolz, hämmert Teufel ganz nach CSU-Manier den Parteitags-Delegierten ein. Uralt-Ministerpräsident Hans Filbinger (87), der mit wachem Interesse der Rede gefolgt ist, weiß genau warum: "Unsere Landsleute hören nichts so gern, wie dass sie Spitze sind. Damit habe ich schon die Wahl 1972 gewonnen."

Teufels Umkehrschluss gilt auch. Gar nicht mag man, wenn Schröder, der "Kanzler des Nordens" diese Erfolge neidet, ja versucht, den Süden abzuhängen. Auf vielen Feldern werde nämlich versucht, "das Land auszunehmen". Teufel redet sich in Rage, zeigt Emotionen, die später sogar einem Gerhard Mayer-Vorfelder Respekt abnötigen: "Endlich ist er mal über seine Grenzen hinausgegangen, hat es mit Polemik und Populismus versucht."

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