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CDU-Beschluss: Streit um Bekenntnis zur deutschen Sprache im Grundgesetz

Die Idee der CDU, die deutsche Sprache im Grundgesetz zu verankern, hat eine heftige Diskussion ausgelöst: Läutet der Beschluss einen "Anti-Einwanderer-Wahlkampf" ein oder die Rettung der deutschen Leitkultur?

Identitätsstiftend oder ausländerfeindlich? Der CDU-Parteitagsbeschluss, ein Bekenntnis zur deutschen Sprache im Grundgesetz zu verankern, hat einen heftigen Streit ausgelöst. Auch aus der Union selbst wurden am Mittwoch Zweifel an dem Beschluss laut, der am Dienstag auf dem Parteitag in Stuttgart mehrheitlich und gegen den Willen der Parteispitze gefallen war. Zustimmend äußerten sich hingegen der Zentralrat der Juden und der Literaturkritiker Marcel Reich-Ranicki.

Die Bundespräsidentschaftskandidatin der SPD, Gesine Schwan, kritisierte den Beschluss der CDU als einen "Anti-Einwanderer-Wahlkampf". Sie sagte: "Der CDU-Beschluss ist die Fortsetzung einer aversiven Politik gegen Einwanderer." Eine Notwendigkeit, die deutsche Sprache im Grundgesetz zu verankern, sehe sie nicht. "Ich sehe jedenfalls nicht, dass wir kurz davor wären, ein dreisprachiges Land wie die Schweiz zu werden", sagte Schwan.

Nationalistische Ressentiments gegen Migranten

Die Linke wertete den Beschluss als latent ausländerfeindlich. Die innenpolitische Sprecherin der Linke-Fraktion, Ulla Jelpke, sagte: "Die CDU pflegt ihre rechten Rabatten und schürt nationalistische Ressentiments gegen Migrantinnen und Migranten, um ungestört Sozialabbau und Umverteilung von unten nach oben betreiben zu können."

Kritik kam auch von NRW-Integrationsminister Armin Laschet (CDU). "In dieses Grundgesetz gehört keine Lyrik rein", sagte das neugewählte CDU-Bundesvorstandsmitglied. "Natürlich ist die Sprache in Deutschland Deutsch, was denn sonst? Das ist auch die Amtssprache, wenn man Formulare ausfüllt, wenn man auf Ämter geht. Nur, ich finde das gehört nicht ins Grundgesetz", argumentierte er.

Ein Thema, das ausgrenzt

Die bayerische FDP-Chefin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger warnte davor, mit diesem Beschluss wieder "die deutsche Leitkultur zu einem Wahlkampfthema zu machen." Dies wäre ein Thema, das "eher ausgrenzt".

Unions-Fraktionsvize Wolfgang Bosbach (CDU) verteidigte den Beschluss. Sprache sei der Schlüssel für Integration schlechthin. Daher sei der Beschluss eine Einladung, "sich noch intensiver mit der deutschen Sprache und ihrer Bedeutung für das Zusammenleben der Menschen zu beschäftigen." In 17 von 24 EU-Staaten finde sich im Übrigen die Landessprache in der Verfassung.

Mehr gesunder Patriotismus

Der Generalsekretär des Zentralrats der Juden, Stephan Kramer, sagte, er halte es für "völlig legitim und möglicherweise sogar auch hilfreich", wenn die deutsche Sprache Verfassungsrang erhalte. Kramer sagte: "Ein bisschen mehr gesunder Patriotismus, aber natürlich kein chauvinistischer Nationalismus, würde uns Deutschen gelegentlich gut tun." Lob kam auch von Reich-Ranicki: "Es ist gut, dass es so eine Initiative gibt, und es gut, wenn man sich um die Sprache bemüht", sagte der Literaturkritiker.

Saarlands Ministerpräsident Peter Müller (CDU) zeigte sich erfreut über die Debatte. "Wir haben selten so viele positive Reaktionen auf einen Vorstoß erhalten", sagte Müller. Der Beschluss ging auf die Initiative der saarländischen CDU zurück.

Karina Scholz[ddp]

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