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CDU Hessen: Die Grenzen einer großen Koalition

Wie Roland Koch die Landtagswahl 2009 gewinnen will.

Von Robert Birnbaum

Berlin - Ludwig Erhardt guckt relativ böse vom Buchdeckel, was aber gar nicht so gemeint ist. Man hat halt bloß zu den Zeiten, in denen der Vater des Wirtschaftswunders für ein Wahlplakat gezeichnet wurde, auf lächelnde Politiker noch nicht so viel Wert gelegt. Dafür, findet Kurt Lauk, Chef des CDU-nahen Wirtschaftsrats, werde heutzutage auf Erhardt zu wenig Wert gelegt. Um dem abzuhelfen, hat Lauk ein Büchlein herausgegeben. Das enthält Originaltexte sowie Aufsätze heutiger Autoren, würde allerdings trotz bekannter Namen – von Angela Merkel bis Kardinal Karl Lehmann – vermutlich völlig unbeachtet bleiben, hätte nicht ausgerechnet Roland Koch die Buchvorstellung übernommen – und just am Tag vor dem CDU-Programmkongress.

Die Präsentation gerät dem Hessen zu einer etwas trotzige Ode auf eine CDU, die seit dem Beinahe-Wahldebakel von 2005 nur noch selten zu besichtigen war: die Reformpartei. Erhardt selbst habe als Voraussetzung für eine funktionierende soziale Marktwirtschaft eine Haltung genannt: die „Bereitschaft, für das eigene Schicksal Verantwortung zu tragen“.

Das in all seinen Konsequenzen auszusprechen, gibt Koch zu, sei heutzutage freilich nicht sehr populär. Denn dem Glaubenssatz der alten Republik „Wenn es meiner Wirtschaft gut geht, geht es auch mir gut“ vertraue kaum einer mehr; nicht wenige glaubten, dass die guten Zeiten ein für allemal vorbei seien. „Das ist kein Boden, auf dem der Drang nach Freiheit wächst“, bedauert der hessische Ministerpräsident. „Wir müssen erkennen, dass wir diesen Zustand erst wieder erkämpfen müssen.“ Was bei der Bundestagswahl 2005 nicht gelungen sei.

Für Koch ist das freilich kein Grund, es nicht 2009 noch einmal zu versuchen. Auf die jüngsten Versuche seiner Parteichefin und Kanzlerin, sozialdemokratische Rhetorik zu übernehmen („Wie können die Menschen am Wohlstand teilhaben?“), geht er gar nicht ein. Er zitiert lieber Merkels eigenen Buch-Beitrag mit einem Satz, der sehr viel mehr an die Merkel des Leipziger Reform-Parteitags erinnert als an die Merkel der Regierungsklausur von Schloss Meseberg: „Wohlstand für alle wird nur dann wieder ein glaubwürdiges Ziel, wenn wir mehr Freiheit wagen.“

Den Satz nimmt Koch beim Wort. „Der Bürger kennt jetzt die Grenze der Handlungsfähigkeit einer großen Koalition“, sagt er. Was Koch nicht als Kritik an dieser Koalition verstanden wissen will, die erfolgreich arbeite, sondern als Kritik an deren SPD-Teil. Die christdemokratische Botschaft für den nächsten Wahlkampf müsse daher lauten: „Wir können, wenn wir es uns zutrauen, größere Schritte gehen.“ Fragt sich nur, ob Merkel aus dem Lobpreis für den theoretischen Erhardt den gleichen praktischen Schluss zieht. 2005 war schließlich ihr Beinahe-Debakel. Robert Birnbaum

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