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Politik: CDU-Landesparteitag: Von Schwarz-Grün träumen, Fischer attackieren

Norbert Blüm sitzt einfach nur da, sein Blick geht über die Reihen der Delegierten hinweg. Hin und wieder stützt er sein Kinn in die rechte Hand, gelegentlich macht er sich Notizen.

Norbert Blüm sitzt einfach nur da, sein Blick geht über die Reihen der Delegierten hinweg. Hin und wieder stützt er sein Kinn in die rechte Hand, gelegentlich macht er sich Notizen. Als Jürgen Rüttgers eine Passage seiner Rede zur Rente mit Hinweisen an den "lieben Friedrich" einleitet und den Berliner Fraktionschef damit persönlich anspricht, erstarrt Blüm. Sein Nachfolger im Amt des Landesvorsitzenden an Rhein und Ruhr legt dem Vorsitzenden der Bundestagsfraktion nach seiner freundlichen Ansprache einen schweren Mühlstein um den Hals.

Zum Entsetzen von Norbert Blüm bittet der NRW-Landeschef die Berliner, noch einmal "darüber nachzudenken", ob man die totale Blockade bei der Rente nicht aufgeben und der privaten Rente vielleicht doch zustimmen könnte. "Schließlich haben wir von der CDU das immer gefordert", schiebt Rüttgers nach, Merz macht sich an dieser Stelle eifrig Notizen. Was er davon hält, zumal die Parteiführung kürzlich in Berlin den Konfrontationskurs zur Rente beschlossen hat, wird Merz später nicht sagen; eine offene Debatte über diesen und andere Widersprüche scheut man an diesem Samstag in Bonn.

Ähnlich verfährt man beim Thema Schwarz-Grün. Jürgen Rüttgers selbst hatte in den vergangenen Wochen kaum eine Gelegenheit ausgelassen, um den Grünen zu signalisieren, dass sie für ihn als Koalitionspartner infrage kommen. "Es gibt viele gut funktionierende Bündnisse auf kommunaler Ebene", hatte er immer wieder gesagt und dann hinzugefügt, "Schwarz-Grün kommt auf Landesebene schneller als mancher denkt". Offen widersprochen hat ihm dabei niemand, zumal man im größten Landesverband der Union ohnehin den Eindruck hat, dass es innerparteilich zur Zeit eher zu viel als wenig Gerangel gibt; vor allem zur Frage der Kanzlerkandidatur. "Erst regeln wir die Inhalte und dann, im nächsten Jahr, die personelle Frage", gab Jürgen Rüttgers als Linie vor. Zu Schwarz-Grün sagte er selbst auf dem Parteitag viel weniger als in den zahlreichen Interviews vorher.

Zu Joschka Fischer wird er später etwas sagen, aber zuvor arbeitet er sich noch an Jürgen Möllemann ab. Der war in Düsseldorf angetreten, dem "anderen Jürgen", wie Möllemann gerne polemisiert, die Rolle des Oppositionsführers abzujagen. "Am Anfang war das Wort", zitiert Rüttgers Gottfried Benn, "und nicht das Geschwätz, und am Ende wird nicht Propaganda sein, sondern wieder das Wort." An dieser Stelle klatschen seine christdemokratischen Freunde im alten Plenarsaal genauso kräftig, wie bei jenen Passagen, in denen er die Schulpolitik der Landesregierung mit scharfen Worten geißelt. Die Landespolitik streift Rüttgers aber nur am Rande. Er nimmt sich dann in weiten Passagen seiner Rede Gerhard Schröder vor. "Das Wichtigste heute ist", hält er dem Kanzler entgegen, "dass wir der Politik postmoderner Beliebigkeit von Schröder eine wertegebundene Politik entgegensetzen." Beim Thema Werte ist er schnell bei Joschka Fischer und einer ganzen Epoche. Rüttgers zitiert Jürgen Habermas, der die Gewalt der Terroristen als "linken Faschismus" gegeißelt hat, und rückt Fischers Putztruppe in die Nähe der Terroristen. "Manche, die in den 70er Jahren in Frankfurt und anderswo auf der Straße waren, waren nichts anderes als gewöhnliche Kriminelle", ruft Rüttgers in den Saal. Natürlich erhält er Beifall für solche Passagen und dieser Applaus steigert sich noch, als er hinzufügt: "Fischer war kein 68er, und die Adenauerzeit war keine muffige, reaktionäre Zeit".

Wenig später wählen sie ihn dann mit 72 Prozent der Stimmen wieder zu ihrem Landesvorsitzenden, Friedrich Merz und Laurenz Meyer gratulieren als erste. Dieses Ergebnis überrascht niemanden, genauso wenig die knappe Wiederwahl des zuvor umstrittenen Generalsekretärs Herbert Reul.

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