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Politik: CDU-Parteichef Schäuble wirft der Regierung in Bundestagsdebatte Oberflächlichkeit vor

Die Bundesregierung hat den Türkei-Beschluss des EU-Gipfels von Helsinki gegen heftige Kritik der Opposition verteidigt. Bundeskanzler Schröder versicherte am Donnerstag im Bundestag, die EU werde bei ihrer Erweiterung keine Zugeständnisse hinsichtlich der inneren Sicherheit machen.

Die Bundesregierung hat den Türkei-Beschluss des EU-Gipfels von Helsinki gegen heftige Kritik der Opposition verteidigt. Bundeskanzler Schröder versicherte am Donnerstag im Bundestag, die EU werde bei ihrer Erweiterung keine Zugeständnisse hinsichtlich der inneren Sicherheit machen. Er nannte es einen Fehler der Unionsparteien, die Zuerkennung des Status eines Beitrittskandidaten an die Türkei abzulehnen. CDU/CSU-Fraktionschef Schäuble warf Schröder Oberflächlichkeit vor und forderte eine Diskussion über die Grenzen der EU.

Der Kanzler nannte die Ergebnisse des Gipfels historisch und verglich sie mit der Schlussakte der KSZE (Konferenz zur Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa) von 1975. Für die Türkei sei in Helsinki "nicht mehr und nicht weniger" als die Gleichbehandlung mit den anderen Kandidaten beschlossen worden, sagte Schröder. Er begrüßte ausdrücklich die Ankündigung des türkischen Regierungschefs Bülent Ecevit, Schritte zur Abschaffung der Todesstrafe einzuleiten. Aber mit der Aufnahme in den Kreis der Kandidaten sei "kein Automatismus für eine spätere Mitgliedschaft verbunden". Zuvor müsse das Land alle Kriterien wie demokratische und wirtschaftliche Stabilität und Minderheitenschutz erfüllen.

"Die EU hätte sich bei einer Zurückweisung völlig unglaubwürdig gemacht", meinte der Bundeskanzler. Er verglich die Position der Christdemokraten mit ihrer Position zur Schlussakte von Helsinki 1975, die sie als einzige in Europa, "nur zusammen mit den albanischen Steinzeitkommunisten", abgelehnt hätten.

Schäuble warf Schröder Oberflächlichkeit vor. Er verlangte darüber hinaus eine Festlegung der geografischen Grenzen der EU. Die Erweiterung müsse "mit den Menschen in Europa noch intensiv diskutiert" werden. Überhaupt hätten die Staats- und Regierungschefs die meisten Fragen in Helsinki beiseite gelassen, wie das Sprachenproblem.

Schäuble stellte die Frage, wie etwa Russland, wenn es sich zu einer Demokratie weiterentwickelt habe, die Mitgliedschaft in der EU verweigert werden solle. Er forderte für integrationswillige Teile Europas Perspektiven bei den Strukturreformen. Der SPD-Fraktionsvorsitzende Peter Struck erklärte, in Finnland sei ein "Stück Europageschichte" geschrieben worden. Schäuble konterte, er gebe der Regierung recht, was die historische Dimension betreffe: "Es ist nur noch nicht sichergestellt, ob zum Nutzen oder zum Schaden Europas." Struck warf der Union daraufhin vor, mit ihrer Ablehnung auf "dumpfe Vorurteile und Stimmungen" gegen die Türken zu setzen. CDU und CSU wollten auf Grund von "kaschierten religiösen Vorbehalten" die Türkei ausschließen.

Der FDP-Abgeordnete Ulrich Irmer begrüßte den Beschluss von Helsinki. Er meinte, Schäubles Vergleich mit Russland sei "wohl nicht richtig so", und verwies darauf, dass die Türkei Nato-Mitglied und seit 1963 mit der EU assoziiert sei.

Bundesaußenminister Fischer bestritt, dass die künftigen Strukturänderungen die schnellere Integration eines Teils der Staaten unmöglich machten. Er räumte ein, dass sich mit der Erweiterung die "Frage der Außengrenzen verdichten" werde. "Wir können sie aber abschließend erst beantworten, wenn ein Teil der Union den Integrationsprozess vollendet hat." Die Fortschrittsberichte der EU-Kommission über die Türkei machten "völlig klar, dass die EU hier keine Schönfärberei betreibt".

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