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Zum Umdenken will Arbeitsministerin Ursula von der Leyen die CDU/CSU bewegen. Deutschland brauche mehr qualifizierte Zuwanderung.

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CDU soll umdenken: Von der Leyen will mehr qualifizierte Zuwanderer

Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) fordert ihre Partei auf, ihre Haltung zur Zuwanderung grundlegend zu ändern. Deutschland brauche mehr qualifizierte Arbeitskräfte aus dem Ausland.

Von Robert Birnbaum

„Wir müssen in der Zuwanderung konsequent umsteuern“, sagte Leyen dem Tagesspiegel. „Im Moment denken wir noch viel zu sehr an Massenarbeitslosigkeit und die Fehler in der Integrationspolitik der letzten 40 Jahre. Aber das Pendel schlägt um. Wir brauchen dringend zusätzliche kluge Köpfe, um künftig unseren Wohlstand zu sichern – egal woher sie kommen.“ Der demografisch bedingte Rückgang um fünf Millionen Erwerbskräfte in den nächsten zehn Jahren werde sich nicht allein durch die Qualifikation von Arbeitslosen oder mehr Jobs für Ältere in den Betrieben ausgleichen lassen.

Die Ministerin kündigte an, dass sie gemeinsam mit der Bundesagentur für Arbeit und den Sozialpartnern einen „Job-Monitor“ entwickeln will, der für einzelne Branchen und Regionen einen drohenden Fachkräftemangel anzeigen soll. Daraufhin könnten dann gezielt die Hürden für Einwanderer gesenkt werden, etwa durch den Verzicht auf die Vorrangprüfung, bei der das Arbeitsamt zunächst nach geeigneten deutschen Bewerbern suchen muss. Auf diese Weise könne zugleich die Gefahr einer weiteren Zuwanderung in die Sozialsysteme vermindert werden.

Der CSU, die sich gegen weitere Zuwanderung sperrt, empfahl die stellvertretende CDU-Vorsitzende einen Blick auf die Zahlen. Lange seien netto im Schnitt jedes Jahr 100.000 Menschen eingewandert. Inzwischen übersteige aber die Abwanderung den Zuzug um gut 10 000 Menschen. Ausdrücklich wies von der Leyen Befürchtungen zurück, dass weitere Zuwanderung die Identität Deutschlands in Gefahr bringen könnte. „Ein Land, dem es gut geht und in dem der Wohlstand wächst, schafft sich eine innere Kraft“, betonte die stellvertretende CDU-Vorsitzende. „Wir bleiben doch auch mit Zuwanderern das Land der Dichter und Denker und Bastler und Tüftler.“

Als Sofortmaßnahme forderte von der Leyen, die Mindestverdienstgrenze von 66 000 Euro für Hochqualifizierte aus dem Ausland zu senken. Im vorigen Jahr seien nur 640 Spitzenkräfte aufgrund dieser Sonderregel ins Land gekommen. „So viel verdient kaum ein junger Mensch, selbst wenn er einen Hochschulabschluss in der Tasche hat“, sagte die CDU-Politikerin. „Ich selbst habe dieses Einkommen erst überschritten, als ich Ministerin wurde. Und in dem Alter wäre ich mit meinen sieben Kindern nicht mehr ausgewandert.“

Nach Angaben des CDU-Innenpolitikers Reinhard Grindel wird in der Unionsfraktion derzeit über eine Absenkung des Mindesteinkommens auf 43 000 oder 44 000 Euro im Jahr nachgedacht. Im Gegenzug könnte die Aufenthaltsgenehmigung zunächst auf drei Jahre befristet erteilt werden, sagte Grindel der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“. Derzeit erhalten Zuwanderer, die das Mindesteinkommen nachweisen können, ohne weitere Vorbedingungen eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis. Als weiteren Schritt will die Union laut Grindel die Vorrangprüfung auf vier Wochen begrenzen. Findet sich in dieser Zeit kein geeigneter deutscher Bewerber oder meldet sich die Arbeitsagentur nicht bei dem Betrieb, der eine Fachkraft sucht, soll das Verfahren als erledigt gelten.

Forderungen der FDP nach einem Punktesystem nach kanadischem Vorbild lehnt die Union ab. Das Verfahren, bei dem Bewerber anhand von Kriterien wie Schulbildung, Berufsabschluss und Einkommenschancen bepunktet werden, lässt nach Ansicht von CDU und CSU zu wenig gezielte Steuerung des Zuzugs in die Mangelbereiche der Wirtschaft zu. Weitgehende Einigkeit auch mit der SPD besteht darüber, dass es in Arbeitsbereichen wie der Pflege nicht zu Lohndumping durch Zuwanderung kommen darf.

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