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Politik: CDU-Spendenaffäre: Überraschungs-Zeuge

Der Zeuge sitzt überraschend im Saal - jedenfalls zur Überraschung der Opposition. Die meisten SPD-Mitglieder im Spenden-Untersuchungsausschuss des Bundestages hingegen wussten sehr genau, wen der Vorsitzende Volker Neumann als Überraschungsgast präsentieren wollte: Jürgen Nitz, einst auf DDR-Seite als Unterhändler mit der Bundesrepublik vor allem in Wirtschaftsfragen tätig.

Von Robert Birnbaum

Der Zeuge sitzt überraschend im Saal - jedenfalls zur Überraschung der Opposition. Die meisten SPD-Mitglieder im Spenden-Untersuchungsausschuss des Bundestages hingegen wussten sehr genau, wen der Vorsitzende Volker Neumann als Überraschungsgast präsentieren wollte: Jürgen Nitz, einst auf DDR-Seite als Unterhändler mit der Bundesrepublik vor allem in Wirtschaftsfragen tätig. Der alte Herr kennt den Hauptzeugen des Tages ziemlich gut: Walther Leisler Kiep, Ex-Schatzmeister der CDU, war Ende der 80er Jahre ebenfalls im deutsch-deutschen Geschäft tätig.

Was Nitz für die Ausschussmehrheit so interessant gemacht hat, ist ein Hinweis in seinem Erinnerungsbuch "Unterhändler zwischen Berlin und Bonn". Da findet sich ein Aktenvermerk über ein Gespräch Kieps mit einem DDR-Verbindungsmann, in dem es um Geschäfte der Firma Siemens mit der DDR ging. Der damalige Chef des ElektroGroßkonzerns, Karlheinz Kaske, hatte sein Auge auf eine Modernisierung der Uralt-Telekommunikation und der Post im Osten geworfen. Deutsche-Bank-Chef Alfred Herrhausen, wusste Kiep seinem DDR-Gegenüber zu berichten, sehe Möglichkeiten zur Finanzierung. Sie alle drei und Kanzler Helmut Kohl seien daran interessiert, diese Idee höheren Orts in der DDR vorzutragen.

Auf den ersten Blick hat das wenig mit dem Spenden-Thema zu tun. Auf den zweiten vielleicht schon, denn der geht in die Schweiz zum CDU-Schwarzgeldkonto "Norfolk". Dieses Depot, so hatte es der frühere CDU-Generalbevollmächtigte Uwe Lüthje ausgesagt, sei mit jährlich etwa einer Million Mark von Siemens bestückt worden.

Bei SPD und Grünen glaubt man inzwischen wenigstens ein Motiv entdeckt zu haben, warum Siemens die CDU so großzügig wie im Geheimen unterstützt haben könnte. Siemens habe sich damit das augenzwinkernde Einverständnis, wenn nicht die Unterstützung der damaligen Bundesregierung für Geschäfte mit der DDR erkauft. Als Dank für die Vermittlertätigkeit, so die Theorie, sei die regelmäßige Million geflossen. 1992, als Kaske bei Siemens ausschied, wurde das "Norfolk"-Konto aufgelöst. "Passt alles, nicht wahr?", sagt ein SPD-Mann im Ausschuss. Fehlt nur noch eins: Ein Beweis.

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