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Politik: CDU-Spitze streitet über Kandidaten

Immer neue Namen im Gespräch als Präsident / Mehrere Landeschefs gegen Merkel / CSU fühlt sich hintergangen

Von Robert Birnbaum

Berlin. In der Debatte über die Nachfolge von Bundespräsident Johannes Rau ist es in der CDU-Spitze zu einer Auseinandersetzung über den Führungsstil der Vorsitzenden Angela Merkel gekommen. Nachdem es am Vortag zu keiner Einigung zwischen der Union und den Liberalen auf den ehemaligen CDU-Chef Wolfgang Schäuble als gemeinsamen Kandidaten gekommen war, äußerten bei einer CDU-Präsidiumssitzung am Mittwochabend mehrere Mitglieder der Parteispitze heftige Kritik an Merkel. Darunter waren der hessische Ministerpräsident Roland Koch und der stellvertretende Unions-Fraktionsvorsitzende Friedrich Merz.

Von Robert Birnbaum

und Peter Siebenmorgen

Auch der saarländische Ministerpräsident Peter Müller und der sächsische Regierungschef Georg Milbradt stellten sich wie der brandenburgische CDU-Landesvorsitzende Jörg Schönbohm gegen die Parteivorsitzende. Koch sagte vor der Präsidiumssitzung: „Ich bin absolut unzufrieden mit dem Verfahren. Es war sehr chaotisch.“ Koch und andere Präsidiumsmitglieder versuchten zunächst, an Schäuble festzuhalten. Im späteren Verlauf des Abends gab es eine Telefonkonferenz zwischen Merkel, Edmund Stoiber und Guido Westerwelle, den Parteichefs von CDU, CSU und FDP. Anschließend beschloss das CDU-Präsidium in einer Abstimmung, nach neuen Namen bei der Präsidenten-Kür zu suchen.

Zunächst hatte es bei den getrennten Sitzungen der Führungsgremien von CDU, CSU und FDP nach einer Einigung auf den Chef des Internationalen Währungsfonds, Horst Köhler, ausgesehen. Als mögliche Kandidaten genannt wurden auch CDU-Vize Annette Schavan, der Ex-Verfassungsrichter Paul Kirchhof und Siemens-Chef Heinrich von Pierer. Bei der FDP wurde unterdessen auch wieder eine Kandidatur des Fraktionschefs im Bundestag, Wolfgang Gerhardt, ins Gespräch gebracht.

Bereits am Dienstagabend hatten sich Merkel, Stoiber und Westerwelle getroffen, um sich auf einen gemeinsamen Kandidaten festzulegen. Nach Angaben von Stoiber und Merkel scheiterte ihr Vorschlag, sich auf Schäuble zu einigen, am Widerstand von Westerwelle. „Bedauerlicherweise“ habe der FDP-Chef abgelehnt, sagten beide gleich lautend, aber in getrennten Presse-Statements. Aus der FDP hieß es dazu, man habe nichts gegen Schäuble als Person oder Politiker gehabt, aber befürchtet, dass seine ungeklärte Rolle in der CDU-Spendenaffäre aufgekocht worden wäre.

In der Union löste der Vorgang auch massive Verstimmung zwischen CDU und CSU aus. In der CSU wurde Merkel dafür verantwortlich gemacht, dass Schäuble nicht durchsetzbar war. Ein enger Vertrauter des CSU-Vorsitzenden sagte dem Tagesspiegel: „Wir fühlen uns belogen und betrogen.“ Mit ihrer „Ranküne“ habe die CDU-Chefin den Bogen überspannt. Das Vertrauensverhältnis zwischen Stoiber und Merkel sei jetzt schwer erschüttert.

In der CDU hieß es hingegen, Stoiber sei selbst mit für das Scheitern von Schäuble verantwortlich. „Wenn er nicht dauernd Schäuble als Favoriten genannt und die FDP damit vor den Kopf gestoßen hätte, hätte Schäuble eine Chance gehabt“, sagte ein CDU-Präsidiumsmitglied dem Tagesspiegel.

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