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CDU Thüringen: Zurück an der Basis

Dieter Althaus verteidigt sein Programm mit ungewohnter Leidenschaft – und überzeugt damit seine Partei.

Von Matthias Schlegel

Das erste Mal brandet kräftiger Beifall der 120 Delegierten des CDU-Landesparteitags auf, als eine zierliche Frau mit Kurzhaarfrisur als Ehrengast begrüßt wird, die in der zweiten Reihe Platz genommen hat. Ein Blumenstrauß wird ihr gereicht, als „Dank dafür, was du Großes geleistet hast in den vergangenen Monaten“. Katharina Althaus heißt die Frau. Zwei Minuten zuvor hat Marion Walsmann, Justizministerin im Thüringer Kabinett, den Gatten willkommen geheißen, den Ministerpräsidenten und CDU-Vorsitzenden Dieter Althaus. Kaum mehr als braver Beifall besiegelt seine Rückkehr.

Er kommt ein wenig schwerfällig in Gang, dieser 24. Landesparteitag der Thüringer CDU auf dem Erfurter Messegelände, der das Wahlprogramm für die Landtagswahl am 30. August 2009 verabschieden soll. Dabei ist er so enorm wichtig für die CDU im Freistaat. Bei der Wahl droht der Verlust der absoluten Mehrheit, Umfragen sehen die Partei derzeit bei 36 Prozent. Und der, der genau das verhindern soll, hat sich erst vor zwei Wochen nach seinem schweren Skiunfall wieder in der Politik und hier nun an der Parteibasis zurückgemeldet. Sorgen darüber, dass er gesundheitlich beeinträchtigt oder wegen seiner Schuld am Tod der 41-jährigen Beata Christandl im Wahlkampf gehandicapt sein könnte, will Althaus von Beginn an zerstreuen. Er hat seine Sprachregelungen gefunden und doch offenbar auch die Kritik an seinem Umgang mit der Schuld genau registriert. Wieder spricht er von den „schwersten Wochen“ in seinem Leben. Doch bezieht er nun das Opfer mit ein, als er davon spricht, dass er „im Herzen und im Gebet“ bei Frau Christandl, ihrem Ehemann und ihrem kleinen Sohn sei. Und er formuliert das, was viele bislang vermissten, nun ein wenig klarer: „Ich trage diese Schuld, und ich trage die damit verbundene Verantwortung.“ Er bitte um Vergebung.

Doch schon zuvor hatte ihm einer den Boden bereitet, der gekommen war, um „einem starken, wiedererstarkten Freund die Ehre zu erweisen“. Bundeswirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg, der sich als guter Nachbar aus Oberfranken vorstellte, warf sich für Althaus, den er einen „Macher mit Herz“ nannte, in einer Art Vorwärtsverteidigung in die Bresche. Er vertraue jenen mehr, die eine Krise so meisterten wie Althaus, als jenen, „die eine Krise nur geifernd begleiten“. Er könne nur den Hut vor Althaus ziehen, wie dieser mit dem Hochmut umgehe, der ihm gelegentlich entgegengebracht werde.

Damit hatte der Parteitag das bereinigt, was in den Seelen mancher Delegierter noch als ungutes Gefühl herumgegeistert sein mag, was aber an diesem Ort und zu dieser Zeit niemand artikulieren mochte. Und Dieter Althaus musste bis zum Schlusswort vier Stunden später das unselige Thema nicht mehr ansprechen. Dafür legte er sich umso mehr ins Zeug, um lautstark, mit viel Empathie und ungewohnt lebendiger Gestik für das Regierungsprogramm der CDU zu werben. Thüringen präsentiere sich heute stärker denn je als Familienland, als Bildungsland Nummer 1 im Osten Deutschlands, kurzum als „der Star unter den jungen Ländern“. Dieses Land dürfe „nicht in rot-rote Hände fallen“. Er pries die – von der Opposition als ungenügend kritisierte – geplante Schaffung von 1000 weiteren Erzieherinnenstellen. Seine Partei wolle auch an einer differenzierten Schullandschaft festhalten. Wie zuvor schon der Bundeswirtschaftsminister warnte auch Althaus davor, angesichts der Krise die soziale Marktwirtschaft infrage zu stellen. „Geben wir nicht auf, was uns stark gemacht und die Einheit Deutschlands ermöglicht hat“, sagte er.

Nach seiner Rede erhielt er ihn endlich, den lang anhaltenden, rhythmischen Beifall, mit dem ihn die Parteibasis wieder ans Herz zog. Die Spannung fiel von ihm ab, er strahlte, holte seine Frau zum Podium, herzte und küsste sie. Nun war er wohl wieder richtig zu Hause.

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