zum Hauptinhalt

Politik: CDU-Vorstandsklausur: Ärger um ein Schattenkabinett

So einig war der CDU-Vorstand selten. Und das nur wegen Klaus-Peter Schöppner.

Von Robert Birnbaum

So einig war der CDU-Vorstand selten. Und das nur wegen Klaus-Peter Schöppner. Auf den Chef des Meinungsforschungsinstituts Emnid sind die Teilnehmer der CDU-Vorstandsklausur in Mainz kollektiv sauer. Nicht, weil seine Lageanalyse am Sonntagabend im Atrium-Hotel für die CDU nicht allzu rosig ausfiel. Dass für die Politik Bilder heute wichtiger seien als Worte - wer wollte widersprechen? Die Leute wollten einen "Kümmerer", sagte Schöppner, einen wie Kanzler Schröder, der ihre Probleme zu lösen verspreche. Das Wichtigste aber sei für eine Partei das Image - wenn das nicht stimme, helfe kein Sachverstand.

Allerdings, fuhr Schöppner fort, müsse Kompetenz in Kernbereichen ebenfalls sein und zwar verbunden mit Personen. Woraufhin der Emnid-Mann, mit lockerem Schlips an ein Stehtischchen gelehnt, mal kurz ein CDU-Schattenkabinett aufgestellt hat - nicht gestützt auf irgendwelche Umfragen, sondern aus dem Handgelenk. Man ist gut weggekommen, wenn man da nicht erwähnt wurde", sagte ein Landeschef, der nicht erwähnt wurde. Anderen wies Schöppner locker Aufgaben zu: Dem Ex-Parteichef Wolfgang Schäuble oder auch Brandenburgs Innenminister Wulf Schönbohm die Innenpolitik, Fraktionschef Friedrich Merz das Thema Europa, für die Wirtschaftspolitik könne man Hessens Ministerpräsidenten Roland Koch "reaktivieren" - was Koch zum Protest trieb: Er sei doch nicht de-aktiviert! Über allen aber, als "moralische Instanz", sah der Emnid-Mann Parteichefin Angela Merkel schweben, prädestiniert als Kanzlerkandidatin der Union.

"Das hatte uns gefehlt", stöhnt ein Merkel-Getreuer. Genau diese Debatte wollte man nicht. Als Bremens Landeschef Bernd Neumann nachfragte, was denn nun sei mit der Kanzlerkandidatur, wurde das Thema für nicht existent erklärt. Merkel und ihr Generalsekretär Laurenz Meyer verwiesen auf den Zeitplan: Der Kandidat werde erst Anfang 2002 bestimmt. Kurz auch die Debatte über Meyers schwarz-grünes Gedankenspiel: Baden-Württembergs Ministerpräsident Erwin Teufel verbat sich solche Vorstöße vor der Landtagswahl.

Was der CDU-Vorstand sonst noch diskutiert hat in dieser Strategieklausur, ist rasch abgehandelt: Ein Konvolut zur Außenpolitik von Parteivize Volker Rühe, ein Papier zur Arbeitsmarktpolitik von Parteivize Christian Wulf, einen Beschluss, dass die Rentenreform "inakzeptabel" sei und einen weiteren, dass der Staat 400 000 potenziell BSE-verdächtige Rinder aufkaufen und töten müsse. Ob die Tiere verbrannt oder das Fleisch nach negativem BSE-Test ins Ausland verkauft werden sollen, darüber herrschte Uneinigkeit, weshalb die CDU "erst nach Klärung der offenen Fragen" darüber entscheiden will. Ach ja, und sehr ausführlich haben sich die CDU-Größen über die Vergangenheit des Außenministers Joschka Fischer erregt. Meyer verglich den Polizisten-prügelnden Fischer mit Polizisten-prügelnden Fußball-Hooligans; Merkel forderte, Fischer müsse seinen "schweren Irrtum" bereuen.

Das alles war so spannend, dass anderntags immer noch Schöppners Schattenkabinett Thema Nummer eins der Flurgespräche im Atrium-Hotel war. Entsprechend fiel das Fazit der zweitägigen Klausur in den Worten der Parteichefin aus: Die CDU sei programmatisch "ein ganzes Stück weitergekommen" und habe sich "Eckpunkte" eines Fahrplans für 2001 gesetzt.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false