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Politik: Chaos im italienischen Senat

Der designierte Premier Prodi erleidet eine Schlappe beim Kampf um das Präsidentenamt in der Kammer

Bei den konstituierenden Sitzungen von Senat und Abgeordnetenhaus am Freitag in Rom sind sowohl der Kommunist Fausto Bertinotti als auch der Christdemokrat Franco Marini unter den erforderlichen Mehrheiten geblieben. In den ersten Wahlgängen wurde Italiens designierter Ministerpräsident Romano Prodi offensichtlich auch von mehreren Dutzend Abgeordneten aus den eigenen Reihen im Stich gelassen. Chaos und tumultartige Szenen entstanden am Abend im Senat: Zuerst wurde Franco Marini zum Sieger ausgerufen, dann stellte sich heraus, dass drei Abgeordnete nicht "Franco", sondern "Francesco" Marini auf ihren Stimmzettel geschrieben hatten. Nach heftigen Diskussionen wurde der zweite Wahlgang für ungültig erklärt und wiederholt.

Im Senat verfügt Prodis Bündnis nur über zwei Sitze Mehrheit. Dort hat die Opposition den 87-jährigen früheren Langzeit-Ministerpräsidenten Giulio Andreotti ins Rennen geschickt. Gegen ihn musste Prodis Kandidat Franco Marini bestehen. Kommentatoren in Medien und Politik orakeln schon seit Tagen, eine Abfuhr für das Mitte-Links-Bündnis würde auch das vorzeitige Aus für die Regierung Prodi insgesamt bedeuten.

Der scheidende Premier Silvio Berlusconi, der seine Niederlage immer noch nicht anerkennt, meinte, wenn Prodi im Senat keine Mehrheit finde, brauche er sich beim Staatspräsidenten erst gar nicht um den Regierungsauftrag zu bemühen. Auch in Prodis Reihen wurden Stimmen laut, bei einer Abfuhr im Senat wäre es am besten, zumindest die zweite Kammer gleich wieder aufzulösen.

Demgegenüber gibt es kaum Zweifel an einem Erfolg Bertinottis im Abgeordnetenhaus; die Wahl des Kommunistenchefs galt als sicher. Gegner hat er keinen: der Konkurrenzkampf innerhalb des Mitte-Links-Bündnisses ist fürs erste beigelegt, und die Opposition um Silvio Berlusconi hat auf einen eigenen Kandidaten verzichtet. Über 67 Sitze Mehrheit verfügt Romano Prodis künftige Regierung in der ersten Parlamentskammer. Trotzdem verschob sich Bertinottis Kür auf den heutigen Samstag: Das Konfrontationsklima zwischen beiden Lagern ließ eine Verständigung nicht zu – und dies, obwohl Bertinotti als Person, nicht wegen seiner politischen Anschauungen, auch unter den Rechten einen gewissen Respekt genieß. So meinte etwa der bisherige Kammerpräsident, der Christdemokrat Pier Ferdinando Casini, Bertinotti werde ein würdiger Parlamentspräsident werden.

Der 66-jährige Fausto Bertinotti wird – im Erfolgsfall – der dritte Kommunist an der Spitze des italienischen Abgeordnetenhauses; zählt man die zwei gewendeten Parteigenossen der Neunzigerjahre mit, sogar schon der fünfte. Schon im Wahlkampf hatte sich Bertinotti durch betont staatstragende Töne für seinen Wunschposten empfohlen. Nach dem ersten Wahlsieg Romano Prodis 1996 stützte Bertinotti dessen Mitte-Links-Regierung „von außen“ – für einen verbindlichen Einstieg in die Koalition war ihm der Katholik Prodi zu bürgerlich. 1998 zog Bertinotti die Unterstützung zurück, und Prodis Regierung krachte ein.

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