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Bisher geben nur wenige Unternehmen Flüchtlingen eine Chance.

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Chef der Bundesagentur für Arbeit: Frank-Jürgen Weise: Flüchtlinge mit Job sollten bleiben dürfen

Der Chef der Bundesagentur für Arbeit (BA), Frank-Jürgen Weise, will Planungssicherheit für beide Seiten. Noch zögern viele Firmen, Flüchtlinge einzustellen.

Etliche Unternehmen in Deutschland zögern bei der Einstellung von Flüchtlingen. Nach Berechnungen der Bundesagentur für Arbeit (BA) haben seit vergangenem Frühjahr erst 30.000 Menschen einen Job gefunden. Im Juli waren rund 322.000 Flüchtlinge als arbeitssuchend gemeldet, rund 141.000 wurden in der Statistik als arbeitslos geführt. Doch nach Ansicht von BA-Vorstandschef Frank-Jürgen Weise sind Flüchtlinge, die die deutsche Sprache sprechen und sich gut in Deutschland integriert haben, „sehr wertvoll“ für den deutschen Arbeitsmarkt. Der Behördenchef fordert deshalb, dass auch Flüchtlinge mit eingeschränktem Aufenthaltsrecht unter bestimmten Voraussetzungen in Deutschland bleiben dürfen. „Wenn jemand nicht kriminell ist, integriert in Sprache und Arbeit ist, dann spricht aus meiner Arbeitsmarktsicht sehr viel dafür, dass so jemand bleiben darf“, sagte Weise. Ein Flüchtling sollte in diesem Fall einen sicheren Aufenthaltsstatus erhalten, „der für ihn als Mensch und für den Arbeitgeber sicher ist“ – vorausgesetzt natürlich, dass die asylrechtliche Prüfung dies zulasse. Es gebe „viele offene Stellen“, betonte Weise.

Hintergrund der Forderungen ist offenbar auch, dass laut Bundesagentur-Kreisen manche Unternehmen bei der Einstellung von Menschen aus Syrien zurückhaltend sind wegen der ungewissen Aufenthaltsperspektive. Seit der Rückkehr zur Einzelfallprüfung gewährt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) vielen Syrern nur noch subsidiären Schutz. Das bedeutet, dass sie zunächst nur ein Jahr in Deutschland bleiben dürfen. Fachleute gehen aber davon aus, dass der Schutz bei Syrern angesichts der schwierigen Lage in deren Heimatland in vielen Fällen verlängert wird.

Ende Juli hatten die 30 Dax-Konzerne erst 54 Flüchtlinge eingestellt

Die Grünen-Arbeitsmarktexpertin Brigitte Pothmer unterstützte Weises Vorstoß. „Wir brauchen für die Menschen, die hier integriert sind und einen Arbeitsplatz haben, die Möglichkeit eines Spurwechsels. Wenn sie direkt in den Arbeitsmarkt zuwandern können, entlastet das nicht nur die Asylbehörden, sondern ist außerdem ein Beitrag zur Bekämpfung des Fachkräftemangels“, sagte die Grünen-Bundestagsabgeordnete.

Nach Angaben von BA-Chef Frank-Jürgen Weise waren im Juli 322.000 Flüchtlinge als arbeitssuchend gemeldet.
Nach Angaben von BA-Chef Frank-Jürgen Weise waren im Juli 322.000 Flüchtlinge als arbeitssuchend gemeldet.

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Mit dem verstärkten Flüchtlingszuzug im vergangenen Jahr hatten sich etliche Firmenchefs optimistisch gezeigt, unter diesen auch geeignete Arbeitskräfte zu finden. Doch Ende Juli hatten die 30 größten börsennotierten Unternehmen in Deutschland erst 54 Flüchtlinge eingestellt – davon 50 bei der Deutschen Post, zwei beim Softwarekonzern SAP und zwei beim Pharmahersteller Merck. Von den 300 Ausbildungsplätzen, die Dax-30-Konzerne für Flüchtlinge schaffen wollten, konnte nur ein kleiner Teil besetzt werden, von den knapp 2700 Praktikumsplätzen gut 500. Mitte September will Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) bei einem Treffen im Kanzleramt mit den Vorstandschefs der wichtigsten deutschen Konzerne über die Integration von Flüchtlingen in den Arbeitsmarkt sprechen.

Doch in den vergangenen Monaten haben sich in der Wirtschaft auch etliche Initiativen gegründet, die dafür sorgen wollen, dass Flüchtlinge eine Chance auf einen Arbeitsplatz bekommen. Dazu gehört das Netzwerk „Wir zusammen“, in dem sich 113 Unternehmen engagieren. Hier wurden bisher 449 feste Stellen und 543 Ausbildungsplätze geschaffen. Zum Netzwerk „Unternehmen integrieren Flüchtlinge“ des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK) gehören fast 800 Mitglieder. (mit dpa)

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