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Armin Laschet

© dpa

Chef der NRW-CDU: Armin Laschet hat den Überblick verloren

Klausuren verschollen, Noten wahllos verteilt: Der CDU-Chef in NRW ist kein Lehrbeauftragter an der Universität mehr. Ämter hat er aber noch genug - und das wird zum Problem. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Jürgen Zurheide

Armin Laschet ist ein viel beschäftigter Mann. Wer allein die Liste seiner Ämter und Verpflichtungen auf den Seiten des nordrhein-westfälischen Landtages ansieht, hört rasch auf zu zählen. Der Mann ist nicht nur Oppositionsführer im größten Bundesland und Stellvertreter von Angela Merkel in der CDU, er gehört alleine 14 Organisationen von der Atlantik-Brücke bis hin zur Theodor-Heuss-Stiftung an. Ein Amt hat er jetzt allerdings nicht ganz unfreiwillig aufgegeben: Er ist seit vergangenem Freitag nicht mehr Lehrbeauftragter der Universität Aachen, für die er seit 1999 Kurse zur Europapolitik abgehalten hat.

Verdacht auf Urkundenfälschung

Rings um diesen Rückzug entwickelt sich gerade eine Affäre, bei der man zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch nicht wirklich abschätzen kann, ob sich am Ende sogar Staatsanwälte für die Sache interessieren werden, weil der Verdacht auf Urkundenfälschung im Raum steht. Es geht dabei um ein Berlin-Seminar, bei dem der Multifunktionär den jungen Menschen Einblicke in die politische Welt der Hauptstadt verschafft hat. Die anschließende Klausur bringt ihm jetzt allerdings erheblichen Ärger, denn die Originale sind offenbar verschwunden und bei den Noten scheint er vollständig den Überblick verloren zu haben. In einem Briefwechsel mit der Universität muss er zugeben, dass er die Noten anhand von Notizen rekonstruiert habe, weil die Klausuren auf dem Postwege zur Universität verschollen seien.

Während sowohl die Universität als auch Laschet anfangs glaubten, die Sache unbürokratisch retten zu können, stellen sich inzwischen immer mehr Fragen. So hat er gute Noten auch an Teilnehmer vergeben, die ein leeres Blatt bei der Klausur abgaben, andere wiederum bekamen hervorragende Bewertungen, obwohl sie gar nicht an der Klausur teilgenommen hatten. Obwohl die Fragen rings um die Klausur und die Noten sowohl die Universität wie Laschet seit Monaten beschäftigen, ist bis heute unklar, ob Laschet die Alma Mater über die Vorgänge richtig informiert hat. Selbst auf kritische Fragen im Landtag hat er nur ausweichend reagiert.

Laumann redet über Comeback

Die Sache bekommt inzwischen eine politische Dimension. Die sozialdemokratische Hochschulministerin Svenja Schulze hat inzwischen sowohl Laschet wie die Universität aufgefordert, die Sachlage eindeutig zu klären und Rechtssicherheit zu schaffen. Gleichzeitig ätzt der sozialdemokratische Fraktionschef Norbert Römer gegen den Herausforderer von Hannelore Kraft, dass man diesem Mann kaum das Land anvertrauen könne, weil er unzuverlässig sei. Während man dies als das übliche Spiel zwischen Regierungsvertretern und Opposition abtun kann, ist etwas anderes für Laschet viel gefährlicher. In den eigenen Reihen wird seit einiger Zeit ebenfalls viel über den unsteten Laschet gemunkelt, der sich endlich einmal konzentrieren müsse. Nicht zuletzt weil sein langjähriger Widersacher Karl Josef Laumann, den die Kanzlerin als Patientenbeauftragen nach Berlin gelockt hat, in diesen Tagen immer wieder lautstark über sein Comeback für den Landtagswahlkampf 2017 redet, dürfte Laschet das als Kampfansage verstehen.

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