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Durchbruch: Die USA und Russland haben sich auf einen Entwurf für eine Resolution zur Vernichtung des syrischen Chemiewaffenarsenals geeinigt. Dies gaben US-Außenminister John Kerry (im Bild) und sein russischer Kollege Sergej Lawrow bekannt.

© Reuters

Update

Chemiewaffen in Syrien: USA und Russland einigen sich auf Resolution

In New York haben sich die USA und Russland auf einen UN-Resolutionsentwurf zur Vernichtung der Chemiewaffen in Syrien verständigt. Alles deutet auf einen Plan nach Russlands Wünschen hin. In Syrien selbst entwickelt sich zwischen Kaida-Kämpfern und Rebellen nun ein Vielfrontenkrieg um Aleppo.

Ein rascher Kompromiss in einer langen Nacht: Die USA und Russland haben sich auf einen Entwurf für eine Resolution zur Vernichtung des syrischen Chemiewaffenarsenals geeinigt. Dies gaben US-Außenminister John Kerry und sein russischer Kollege Sergej Lawrow am Donnerstag am Rande der UN-Generaldebatte in New York bekannt.

Die Einigung ist Weltpolitik in Reinform: Eigentlich trafen sich die Außenminister der fünf ständigen Mitglieder und Deutschlands, um über den Atomkonflikt mit Iran zu beraten. Hinter verschlossenen Türen besprach das Gremium jedoch auch eine mögliche Syrien-Resolution. "Wir haben uns mit den USA auf einen Entwurf für eine Resolution geeinigt“, sagte im Anschluss der russische Außenminister Lawrow beinahe beiläufig. US-Chefdiplomat Kerry bestätigte dies kurze Zeit später. Er hoffe, dass die Ausfuhr und Vernichtung der syrischen Chemiewaffen nun vorangetrieben werden könne, sagte Kerry.

Details über die Einigung sind nicht bekannt, allerdings könne bereits am Freitagabend in New York (2.00 Uhr MEZ) über den Text im Sicherheitsrat abgestimmt werden, wie aus Diplomatenkreisen verlautete. Zuvor muss die Organisation für das Verbot chemischer Waffen in Den Haag dem Plan der USA und Russlands zur Vernichtung der verbotenen Kampfstoffe zustimmen. Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) begrüßte die Einigung.

Westerwelle sagte, der Entwurf sei ein „Schritt in die richtige Richtung". Die Einigung lasse auf einen rechtlich verbindlichen Rahmen hoffen, der Syriens Führung "klare Vorgaben" mache und einen "präzisen Zeitplan" für die Beseitigung der Chemiewaffen vorgebe. Der Bundesaußenminister rief dazu auf, das internationale Vorgehen gegen die syrischen Giftgasbestände mit "neuen Anstrengungen für eine politische Lösung" in dem seit Frühjahr 2011 andauernden Konflikt zu verbinden.

Ein Resolutionsentwurf zugunsten Russlands

Wichtigster Streitpunkt zwischen Russland und den USA war lange das Strafmaß nach Kapitel VII der UN-Charta: Kann ein Militärschlag erfolgen, wenn Damaskus Widerstand gegen die Sicherstellung und Vernichtung seiner chemischen Waffen leistet? "Es wird keine Zwangsmaßnahmen nach Kapitel VII geben", sagt Lawrow nun - und signalisiert, dass sich sein Amtskollege Kerry in diesem Punkt den Wünschen Russlands beugt. Allerdings behielt sich die USA nach Agenturinformationen vor, zu einem späteren Zeitpunkt Strafmaßnahmen nach Kapitel VII zu verhängen. Der Resolutionsentwurf, er zeigt im Kleinen, dass es ums Große geht.

"Wir stehen von einem sehr bedeutenden Durchbruch“, sagte die UN-Botschafterin der USA, Samantha Power. Der Sicherheitsrat könne der syrischen Führung durch ein gemeinsames Handeln erstmals rechtlich bindende Verpflichtungen auferlegen. Deutschland und andere europäische Länder hatten auch darauf gedrungen, den Strafgerichtshof mit der strafrechtlichen Aufarbeitung der Giftgasangriffe zu beauftragen. Hiervon ist in dem Entwurf aber keine Rede. Stattdessen heißt es lediglich, diejenigen, die für den Einsatz der Chemiewaffen verantwortlich seien, müssten "zur Verantwortung gezogen werden".

Verständigung auf Hauptpunkte des Resolutionsplanes

Die fünf UN-Vetomächte hatten sich bereits am Mittwoch auf "Hauptpunkte" eines Resolutionsplanes verständigt, wie am Rande der UN-Generaldebatte in New York verlautet wurde. US-Präsident Barack Obama hatte in seiner Rede vor der Vollversammlung eine „starke“ Resolution des Sicherheitsrates gefordert. Der Syrien-Verbündete Russland hatte sich hingegen zunächst gegen harte Sanktionen gesperrt. Im Laufe des Donnerstags sendete Russland jedoch bereits Signale für eine mögliche Einigung. So könne man sich nun vorstellen, eigene Beobachter in das Bürgerkriegsland zu entsenden, sagte Vizeaußenminister Sergej Rjabkow. Russland könne die Zerstörung von Chemiewaffen kontrollieren und "etwa bei der Sicherung der Kampfstoff-Arsenale helfen".

Doch während die Diplomaten in New York über Syriens Schicksal verhandeln, zerbricht das Oppositionsbündnis im Bürgerkriegsland.

Zerstrittene Opposition: Vielfrontenkrieg um Aleppo beginnt

Ein Kämpfer der gemäßigten kurdischen Fraktion in Aleppo: Annäherung mit den Islamisten möglich?
Ein Kämpfer der gemäßigten kurdischen Fraktion in Aleppo: Annäherung mit den Islamisten möglich?

© Reuters

Am Mittwoch hatte die islamistische Tawhid-Brigade der Syrischen Nationalkoalition (SNC) die Legitimation abgesprochen und gefordert, das Land unter das Gesetz der Scharia zu stellen. Zwölf weitere islamistische Kampftruppen haben sich dem Aufruf angeschlossen.

Der SNC, ein von Istanbul agierendes Gremium von Exil-Syrern, war alarmiert. SNC-Chef Ahmad Dscharba kündigte an, New York, wo er am Rande der UN-Vollversammlung Minister und Diplomaten getroffen hatte, zu verlassen und nach Syrien reisen, um den Zwist zu beenden. Der SNC warf den Islamisten vor, sie seien auf die Taktik von Präsident Baschar al Assad hereingefallen, der seit Beginn des Aufstandes versuche, interne Kämpfe zwischen den verschiedenen Fraktionen der Regimegegner zu provozieren. Auch käme die Botschaft, per Video gesendet, zur Unzeit: während die Welt auf eine Einigung der UN-Sicherheitsmitglieder über eine mögliche Syrien-Resolution schaut. Zugleich beschwichtigten sie den Aufruf der Tawhid-Brigade: „Es gibt viele andere Brigaden, die das Statement nicht unterstützen.“

Kaida-Kämpfer und Rebellen liefern sich Schlacht um Aleppo

Tatsächlich sind nun die extremistischen Gruppen auch untereinander zerstritten. Viele syrische Rebellentruppen, die im Kampf gegen Assads Regime zunächst jede Unterstützung willkommen hießen, lehnen nun Al Kaida nahestehende Terroristen ab. Die oppositionelle syrische Nachrichtenwebsite "Zaman al-Wasl" schrieb, die Führung der Kaida nahen Gruppe "Islamischer Staat im Irak und Syrien" (ISIS) habe in einer Erklärung die Rebellenbrigade "Sturm des Nordens" kritisiert.

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Die Islamisten warfen der Rebellenbrigade demnach vor, sie stehe "loyal zum amerikanischen und deutschen Geheimdienst". Außerdem habe sie zugelassen, dass US-Senator John McCain das von den Rebellen kontrollierte Gebiet besucht. Verwirrung gab es derweil um eine angebliche „Kriegserklärung“ der von Deserteuren gegründeten Freien Syrischen Armee (FSA) gegen die Islamisten-Kämpfer. Sie kündigten für Aleppo einen Kampf gegen die Kaida-Kämpfer in Erinnerung an die Schlacht von Nahravan an. Bei Nahravan kämpften um 658 schiitische Truppen gegen die sunnitische Vormachtstellung. Es ist ein Signal an die sunnitisch-extremistisch geprägte Kaida, ihre Hoheitsansprüche auf Syrien aufzugeben.

(mit AFP, Reuters)

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