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Generalbegnadigung: Chiles Kirche fordert Gnade für Ex-Militärs

In Chile hat ein Vorschlag der Kirche alte Wunden aufgerissen: Aus Anlass der 200-Jahr-Feiern zur Unabhängigkeit des Landes und 20 Jahre nach Ende der Militärdiktatur unterbreitete die katholische Kirche Präsident Pinera einen Vorschlag für eine Generalbegnadigung, die auch Schergen der früheren Militärdiktatur umfasst.

Puebla - An dem Treffen mit dem Staatschef im Präsidentenpalast Moneda in der Hauptstadt Santiago nahmen Kardinal Francisco Javier Errazuriz und der Präsident der Bischofskonferenz, Alejandro Goic, teil. Anschließend verlas Goic vor Journalisten eine Erklärung, wonach „die Kirche glaubt, dass auch bei Verbrechen gegen die Menschlichkeit Schritte der Milde getan werden können im Rahmen des Rechtsstaates, der Verfassung und im Lichte internationaler Abkommen“.

Die Begnadigungsaktion soll nach Auffassung der Kirche schwer kranke, über 70-jährige Häftlinge und Mütter von Minderjährigen umfassen, sofern sie die Hälfte ihrer Strafe abgesessen haben, ihnen gute Führung bescheinigt wird und sie nicht als „Gefahr für die Gesellschaft“ eingestuft werden. Pinera erhofft sich davon vor allem eine Entlastung der überbelegten Haftanstalten. Im Falle der Ex-Militärs sollen nur diejenigen davon profitieren, die in untergeordneten Positionen dienten, nur wegen einem Delikt verurteilt wurden und Zeichen der Reue gezeigt oder sich durch humanitäre Gesten ausgezeichnet haben.

Dagegen protestierten vor dem Präsidentenpalast die Angehörigen von Opfern der Militärdiktatur. Während der Gewaltherrschaft von Augusto Pinochet (1973 bis 1990) kamen über 3000 Oppositionelle ums Leben oder verschwanden spurlos. Derzeit laufen gegen rund 600 Ex-Militärs Prozesse wegen schwerer Menschenrechtsverbrechen wie Folter, Mord und Verschwindenlassen. „Dieser Vorschlag verstößt gegen die Demokratie und die Gerechtigkeit“, kritisierte die Vorsitzende der Vereinigung von Diktaturopfern, Lorena Pizarro.

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